Sie alle engagieren sich gemeinsam mit Artenschutz in Franken® für eine intakte Umwelt
ARTENSCHUTZ IN FRANKEN®

Im Sinne uns nachfolgender Generationen
Ausgezeichnet

Home

Über Uns

Aktuelles

Der Steigerwald

Diverses

Pflanzen

Projekte

Publikationen

Tiere

Umweltbildung

Webcams
Steigerwaldköhler
Bild zum Eintrag (22538-160)
Hans-Peter Baumann, Klaus Bauman und ihr Helfer Thomas Hoch am Kohlenmeiler
Steigerwaldköhler
Bild zum Eintrag (22539-160)
Rainer Scholz mit Hans-Peter Baumann und dessen Frau beschäftigen sich mit der Geschichte der Steigerwaldköhlerei.
"Die letzten Mohikaner"
Koppenwind in der Gemeinde Rauhenebrach war über Jahrhunderte eine Hochburg der Köhlerei. Hier rauchten zeitweise bis zu 24 Meiler. 1987 hörte der letzte Profi auf. Hans-Peter Baumann und sein Sohn Klaus lassen die Tradition aber immer wieder aufflackern.



Man könnte sie als die letzten Mohikaner des Steigerwaldes bezeichnen, Hans-Peter Baumann und seinen Sohn Klaus. Sie halten eine Tradition aufrecht, ein vom Aussterben bedrohtes Handwerk, das für den Steigerwald nicht nur typisch, sondern überlebenswichtig war und Kulturgeschichte schrieb .

Die Schätze des Steigerwalds sind rar, und sie liegen nicht auf der Straße. Man muss den Buckelkrumm machen, wenn man sie heben will. Ein Diamant wäre so ein Schatz, ein Kristall aus reinem Kohlenstoff, der Inbegriff von Reichtum, Reinheit und Schönheit.

Aber nein, die beiden Baumänner aus Koppenwind haben kein Edelsteinvorkommen in den Schluchtendes Steigerwaldes entdeckt. Ihr Schatz ist zwar auch rein, aber eher schwarz, und wer die wahre Schönheit der Holzkohle entdecken will, holt sich staubige Hände.



Schwarzes Gold: Die Köhlerei war der Beginn der bescheidenen Industrialisierung im Steigerwald.

Balthasar Neumanns Glashütte in Fabrikschleichach (eigentlich: Fabrik Schleichach) brauchte den Stoff, Kohlenstoff aus dem Wald. Auch für die Stahlindustrie in Bamberg, Schweinfurt und Würzburg war die Arbeit der Köhler im Steigerwaldlange Zeit durch nichts zu ersetzen. Holzkohle, die wie so ein Diamant aus nahezu reinem Kohlenstoff besteht, erzeugt Hitze ohne Flamme und Rauch und hält die Glut lang und gleichmäßig.

Man benutzt sie zur Erzeugung intensiver Hitze überall da, wo Rauch und Flammen unerwünscht sind. Reine Energie. Reich geworden ist keiner damit. Aber: Der schwarze Klumpen ist ein Universalgenie und stellt sein Licht unter den Scheffel, wenn er lediglich Bratwürste brutzelt.

Holzkohle braucht man zur Gewinnung von Metallen, zur Herstellung von Schießpulver, zum Entfuseln des Branntweins, zum Klären von Flüssigkeiten, zum Filtrieren von Wasser, zum Konservieren und Desinfizieren, zum Reinigen von Kohlensäure, Wasserstoff, ranzigem Fett und dumpfem Getreide, als Zahnpulver, als Poliermittel und zur Füllung von Atemgeräten. Als Düngermacht Holzkohle den Boden locker, und kranke Pflanzenwurzeln macht sie wieder gesund.



Für all diese Zwecke haben Industrie und Wissenschaft heute künstlichen Ersatz ersonnen, mitganz viel Technik und langen chemischen Formeln.

Das war nie das Ding der Köhler, ob im Steigerwald oder sonst wo. Archaisch ist ihr Handwerk. Es mag in dem Moment entstanden sein, als der Blitz in einen Holzstoß schlug und der Urmenschsich staunend zum ersten Mal die Finger verbrannte. Erde, Feuer, Wasser und Luft, die vier Elemente bestimmen bis heute das Köhlerhandwerk, das geheimnisvoll vom Holzgeist umweht wird.



Einsam waren sie immer, die Köhler, die irgendwo im Wald im Schweiße ihres Angesichts schuften mussten, weit weg von anderen Menschen und ihren Häusern, die ja Feuer hätten fangen können.

Dabei gab es zur Hoch-Zeit der Kohlen Kohlenmeilerallein im kleinen Koppenwind24 Köhler, wie Rainer Scholz herausgefunden hat, der sich mit der Geschichte der schwelenden Holzhaufen beschäftigt. Bruno Baumann, Jahrgang 1911,brannte als letzter erwerbsmäßiger Köhler 1987 zum letzten Mal einen Kohlenmeiler an. Seine Nachfahren, über „Ecken“ mit ihm verwandt, sorgen dafür, dass die Tradition in Koppenwind nicht einschläft.



Für die Vereine im Steigerwalddorf ist es Ehrensache, dass ihre Bratwürste nur auf verkohlter

Steigerwaldbuche Marke Baumann gegrillt werden. Nun ist Hans-Peter Baumann, ganz Köhler, kein Mann großer Worte. Aber in seinem Metier einwahrer Künstler. Denn in dem simplen glimmenden Holzstoß laufen höchst komplexe Vorgänge ab, dienur wenige Experten überhaupt noch beherrschen.



Damit aus dem Holzhaufen tatsächlich Holzkohle wird und nicht etwa ein Häufchen Asche, braucht es viel Erfahrung, Können und Fingerspitzengefühl. Denn so ein Kohlenmeiler schüttelt sich, wenn man ihn nichtfreundlich behandelt. Nur wenn man alles richtig macht, darf man ihn ausziehen. Wie bitte? Sie hat ihre eigene Sprache, die einsame Arbeit der Köhler im Wald Für die es einen langen Atem braucht.



Warten, bis man schwarz wird: Haben die Köhler vielleicht dieses Sprichwort erfunden?

Die Koppenwinder haben, wie Rainer Scholz erzählt, gerade wieder Holz gespalten und aufgesetzt.„Zwei Jahre muss es im Freientrocknen, dann wird wieder ein Meiler errichtet“. Der letzte dampfte 2007 bei den Kulturtagen. Die Köhler im Steigerwald verwenden nur heimisches Buchenholz.





Hat es das richtige Stadium der Trockenheit erreicht, grummelt der Köhler etwas, das man mit „Los geht ' s“ übersetzen könnte. Mit Feldsteinen wird die Kohlplatte, die Feuerstelle, angelegt, ein Windschutzgebaut und der Docht errichtet: Das ist die „Zündschnur“ ,die aus drei Fichtenstangen besteht, die mit Reisig umwickelt werden.

Um sie herum werden die Holzscheite als Halbkugel aufgeschichtet, mit Moos, Erde und einer Schicht Asche abgedeckt.„Absolut dicht muss der Kohlenmeilersein“, verrät Hans-Peter Baumann, wobei die Köhlerkunst darin besteht, dass „dicht“ auf keinen Fall „zu dicht“ sein darf . Nachdem Anzünden arbeitet der Mann am Kohlenmeiler rund um die Uhr: Etwa eine Woche lang bewacht er Tag und Nacht den rauchenden Erdhaufen.

Die Farbe des Rauchs, seine Beschaffenheit, womöglich auch der Geruch und das Knistern im Haufen, abhängig von Windstärke und -richtung, der Luftfeuchtigkeit und den Mondphasen, verraten dem Köhler, ob alles passt.



Bei etwa 400 Grad wird aus dem Holz Holzkohle. Ist es im Meiler nicht heiß genug, findet keine vollständige Verkohlung statt, wird die Temperatur zu hoch, kann sich der Meilerentzünden.

Er „schüttelt sich“, sagt der Fachmann, wenn als Vorstufe eines Brandes Gase entweichen.

„Das kann ihn auseinander hauen“, weiß Hans-Peter Baumann.



Der Köhler behilft sich mit Wasser zum Kühlen, und ersticht Belüftungslöcher in die

dichte und doch nicht dichte Ummantelung. Wahrscheinlich spricht er sogar mit dem glimmenden Holz, bis nach fünf bis sechs Tagen ein Ende in Sicht ist: Der Meiler kühlt ab, und dann wird er „ausgezogen“, sprich: aufgebrochen und geleert.



Dann sieht man ihn wieder im Dorf, den Köhler, meist mit einem Grinsen im schwarzen Gesicht.„Passt scho“, wird er sagen, wenn man ihn fragt, ob das Werk gelungen ist.  



Steigerwald-Superlativ. Ob der Köhler ahnt, dass der archaische Schatz aus dem Wald in die Zukunft weist?



Holzgeist heißt das Gas, das aus dem Kohlenmeiler entweicht. Methanol sagt der Wissenschaftler.

Dieser Geist hat das Zeug dazu, das schwarze Gold zu ersetzen, Erdöl, das unser modernes Leben

antreibt.



Irgendwie waren die Mohikaner da hinten im Wald der Zeit schon immer weit voraus...



Für die hier gelisteten Informationen zeichnet der Autor zuständig

Quellenangabe: Fränkischer Tag 03.05.08 / A / Autor Günter Flegel