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Steinway aus dem Steigerwald
Bild zum Eintrag (53663-160)
Steinway aus dem Steigerwald

08.01.2013

Fragt man Menschen nach dem typischen Klang des Steigerwaldes, so bekommt man ganz unterschiedliche Antworten. Die zwitschernden Vögel sind es für den Naturfreund. An die klappernden Teller, Bierkrüge und Weingläser denkt der Wirtshaushöcker. Andere haben die Motorsäge im Ohr, wenn Holz gemacht wird.

An den Steinway denkt aber sicher keiner. Der legendäre Name steht für Konzertflügel und Pianos von Weltruf,
die nicht weniger berühmt sind als die Künstler, die ihnen Töne entlocken. Nicht nur „Klassiker“ wie Arthur Rubinstein packten kein anderes Klavier an; auch Pop-Größen wie Billy Joel hauen nur in Tasten, wenn die in
Handarbeit in New York oder Hamburg gefertigt worden sind.

Was hat das mit dem Steigerwald zu tun?

Gar nichts auf den ersten Blick.Wer sich beimStudiumder Brieftasche dafür entscheidet, einen Steinway fürs
Wohnzimmer zu kaufen, betritt die gediegenen Schauräume in den Metropolen dieser Welt und bestellt nach ausgiebigem Probelauschen ein Instrument, das nicht viel weniger kostet als die Limousine, die den Käufer bis an die Tür gebracht hat. In den Steigerwald, wo die Vögel zwitschern und dieMotorsägen jaulen, würde sich keiner auf die Suche nach einem Flügel im edlen Lack-Finish verirren.

Das Statussymbol mit den 52 weißen und 36 schwarzen Tasten hat also mit dem Steigerwald nicht viel zu tun, auch nicht auf den zweiten Blick. Kleine Kunstwerke für sich Gelegentlich, sagt man, öffnet selbst der Besitzer einer Luxuslimousine behutsam die Motorhaube für einen wohlgefälligen Blick auf das Innenleben des Statussymbols. Tut er Gleiches beim Steinway, dann blickt er staunend auf eine Mechanik aus 12 000 Einzelteilen. 230 Saiten und die kleinen Hämmerchen, die denTon anschlagen, sind Kunstwerke. Musik für Kenner der Feinmechanik.

Ein Jahr dauert es,bis die Fachleute bei Steinway & Sons so ein Instrument gebaut, besser: komponiert
haben. Jedes ein Unikat.Und das gilt auch für die Hammerköpfe und Hammerstiele. Mit denen kommt man dem Steigerwald ein Stückchen näher. Zunächst bis Frankenhardt in Schwaben.Denn die Hämmer,
besser: Hämmerle, sind die Spezialität der Firma Abel. „Mir habet Kunden überall auf dere Welt“, sagt
der Seniorchef Helmut Abel.

Neben Steinway setzen weitere Klavierhersteller wie Bechstein in Berlin auf die schwäbische Qualitätsarbeit, die seit Jahrzehnten auf den Bühnen der Welt für den guten Ton sorgt. Inzwischen werden Hammerstiele und -köpfe auch schon aus Kunststoff gefertigt. Bei Abel & Söhnen schätzt man wie bei Steinway & Sons aber nach wie vor das Material Holz. „Net zu ersetze“ sind nach Meister Abels Meinung die Eigenschaften
des Naturprodukts, das gut zu bearbeiten, langlebig und „halt oifach echt isch“.

Vor allem aber bleibt man auf dem Holzweg „nachhaltig“, sagt Abel; „gewachsene“ Teile sind problemlos zu reparieren oder auszutauschen. Wer vor 40 Jahren einen Steinway-Flügel gekauft hat und jetzt beim Blick unter die „Motorhaube“ Anzeichen von Verschleiß erkennt, bekommt imSchwäbischen ein neues Hämmerle. SchwäbischeMaßarbeit.

Koine Frage. Der dritte Blick gilt dem Holzhämmerle im Besonderen: Wo wächst der Baum, aus demes geschnitztwird? Werdas wissen will, begibt sich wohin? Richtig, in den Steigerwald, zu Udo Rödamer in Oberschleichach. „Howo Massivholz“ steht unscheinbar auf dem Firmenschild, und in den Hallen
kreischt die Säge. Na also: So klingt’s imSteigerwald.

Udo Rödamer saß noch nie an einem Steinway-Flügel. Seine Hände sind nicht die des Konzertpianisten, sondern aus gröberem Holz. Er ist Schreiner und hat die Firma Howo vor einigen Jahren von dem Gründer Alfons Endres übernommen.Der begann hier in den 1950er Jahrenmit der Fertigung von Besenstielen und anderen Holzprodukten für eher profane Zwecke.

Der 40-Jährige Udo Rödamer, der aus Walchenfeld im nördlichen Landkreis Haßberge stammt, und seine drei
Mitarbeiter machen Hammerstiele – aber nicht fürHandwerkerhände.
Steinway aus dem Steigerwald
Bild zum Eintrag (53664-160)
Genau genommenmachen sie quadratmetergroße Platten ausWeißbuche, 16 Millimeter stark, die palettenweise den Betrieb verlassen. Adressat ist die Firma Abel, die aus den Platten die Rohlinge für die Klaviermechanik stanzt, schnitzt, feilt und schmirgelt.

Seit vielen Jahren arbeiten Abel und Howo zusammen und auf dieser Schiene weiter Steinway und Billy Joel.
„Die Firma Abel stellt sehr hohe Ansprüche an die Qualität der Platten“, sagt Udo Rödamer. Die Kunst
beim Klavierbau ist, dass jedes dieser edlen Instrumente seine individuelle Stimme hat, die durch die Summe aller Einzelteile bestimmt wird – und deren Baumuster ist standardisiert, um das hohe Qualitätsniveau auf Jahre und Jahrzehnte hinaus zu gewährleisten. Weißbuche aus dem Steigerwald Deswegen ist der größte Teil der Bretter, die sich im Howo-Hof stapeln, von vornherein „Ausschuss“, obwohl Udo Rödamer schon beim Einkauf auf 1a-Ware achtet.

Ausschließlich Weißbuche aus dem Steigerwald verarbeitet Howo. „Es gibt kaum ein härteres Holz“, beschreibt der Schreinermeister das „Eisenholz“, aus dem früher fast alleHandwerkzeuge gefertigt wurden. Davon sind heute nur einigewenige Spezialanwendungen geblieben. Wieder und wieder nimmt Udo Rödamer mit seinem Team die Bretter in die Hand. Sie werden zu Leisten gesägt, gehobelt, verleimt, noch einmal gesägt und wieder ausgelesen – am Ende steht eine astreine Platte für die Reise auf die Bühnen der Welt.

Also:Was ist der typische Klang des Steigerwalds? Mit dem Vogel und der Säge liegt man gar nicht so verkehrt. Der Vogel zwitschert auf dem Baum,die Säge macht ihn klein. Irgendwo klappern die Teller und Gläser. Und vorne sitzt Billy Joel, der Pianoman.

In der Aufnahme

Mit seinemkleinen Betrieb in Oberschleichach sorgt Udo Rödamer auf den großen Bühnen der Welt für den guten Ton. Und kaumeiner weiß, aus welchem Holz der geschnitzt ist.

Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hassberge / 2012 / Autor - Fotos Günter Flegel

Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken