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Kritischer Blick ins Astloch
Kritischer Blick ins Astloch

01.06.2012

Natur  Vogelschützer beobachten und zählen die Tiere. Warum manche Arten zu bestimmten Zeiten ausbleiben, können sie sich nicht erklären.


Kaltensondheim -
Rudi Hager hat ein Paradies mit vielen alten Obstbäumen in einem sanft wogenden Gräsermeer. Dazwischen schmiegt sich ein Holzstoß an einen Baumstamm. Im vorderen Teil hält Endres Hühner und Enten und Puten. Sie können sich auf der ganzen Fläche frei bewegen, Körner picken, ein Bad nehmen oder im Sand scharren. Dieses Stück halbwildes Grün ist aber auch die Heimat von Wildvögeln. In einem Astloch hat sich eine Starenfamilie einquartiert, in einem natürlichen Starenkasten sozusagen. Im Geflügelschuppen hängt ein Nistkasten, in dem schon öfter Meisen ihre Brut aufgezogen haben – ganz in der Nähe der Kisten, in denen die Hennen tief geduckt mit leicht ausgebreiteten Flügeln auf ihren Eiern sitzen.

Es zwitschert und schnattert

In den Baumkronen zwitschert, schnattert, pfeift und fiept es. Auch wenn man sie nicht gleich sieht: Viele Gartenvögel leben hier. Die Streuobstwiese der Familie am Ortsrand von Kaltensondheim ist alles andere als „ausgekehrt“. Der Ausdruck stammt von Robert Endres, dem Kreisvorsitzenden des Landesbundes für Vogelschutz (LBV). Aufgeräumte Grundstücke seien nicht als Lebens-, Rückzugs- und Brutgebiet für Wildvögel geeignet. Endres ist ein guter Bekannter von Rudi Hager und auch Kaltensondheimer. Er empfiehlt dieses Stück Land Tierfreunden, die Vögel beobachten wollen – oder sie zählen wollen.
Vom 11. bis 13. Mai fand die Sommerzählung „Stunde der Gartenvögel“ des LBV und des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) statt.

Sie wurde bis 21. Mai verlängert. Dabei waren Vogelfreunde quer durch die Republik aufgerufen, eine Stunde lang alle Vögel zu notieren und zu melden. Die Ergebnisse sollten Antworten auf zwei wichtige Fragen liefern: Wie wird die Amsel abschneiden nach den schlechten Ergebnissen vom letzten Jahr und vom Winter? Und kann der Spatz das zweite Jahr in Folge zulegen? Ein Ergebnis erschreckte die Vogelfreunde: das Fehlen der Amsel. „Die Werte bei der Winterzählung sind regelrecht abgestürzt“, sagt Robert Endres. Die Ergebnisübersicht des Nabu bestätigt dies: Im Vergleich zu 2011 wurden im Winter des aktuellen Jahres 61 Prozent weniger Amseln im Landkreis Kitzingen gesehen.

In Kreisen der Ornithologen (Vogelkundler) begann das große Kopfzerbrechen: Lag der starke Rückgang am trockenen Frühjahr 2011? Fanden die Singvögel im harten Boden keine Regenwürmer und hat sich das negativ auf die Brut ausgewirkt hat? Oder lag es am Usutu-Virus? Dieses Virus stammt aus dem südlichen Afrika und soll sich wegen des Klimawandels bis nach Mitteleuropa vorgearbeitet haben, nehmen Vogelschützer an. Virus im GesprächDas Virus, dessen Name sich von dem Fluss Usutu in Swasiland ableitet, wird durch Stechmücken übertragen. Amseln haben keinerlei Immunschutz gegen den fremden Erreger. „Natürlich war dieses Virus bei uns in der Kreisgruppe im Gespräch, sagt der Vorsitzende Endres.

Er selbst habe bei der Winterzählung keine einzige Amsel in seinem Garten beobachten können. Eine Umfrage unter den LBV-Mitgliedern, ob sie tote Amseln gefunden hätten, brachte keine neuen Erkenntnisse. Niemand entdeckte ein totes Tier im Gebüsch, dennoch fehlten die schwarzgefiederten Vögel.„Ohne einen Totfund haben wir auch keinen Beweis, dass Amseln an einer Infektion mit dem Usutu-Virus gestorben ist“, sagt Endres. Tote Tiere könnten im Max-Planck-Institut in München untersucht werden.

Robert Endres nimmt an, dass es die Kälte gewesen sein kann, die die Amseln dorthin geführt hat, wo sie Nahrung finden konnten.

So richtig versteht keiner, was mit den Amseln passiert ist. Bei der jüngsten Zählung wurden die Vögel wieder am zweithäufigsten gesichtet – nach dem Spitzenreiter Haussperling (Spatz).

Rudi Hager hat sich im vergangenen Winter auch gewundert. Wie jedes Jahr hängt er Meisenknödel an den Obstbäumen in seinem Streuobstgrundstück auf. In früheren Jahren musste er die leer gefressenen Netze der Futterkugeln immer durch volle austauschen. Heuer hingen die Knödel eine Woche und länger an den Zweigen. „Ich habe kaum eine Meise gesehen, das ist schon seltsam“, sagt Hager. Laut Statistik ist die Zahl der Blaumeisen im Landkreis Kitzingen gegenüber der Gartenvögel-Zählung im Vorjahr um über zehn Prozent zurückgegangen, die der Kohlmeisen aber um über zehn Prozent gestiegen.

Inzwischen haben Rudi Hager und seine Frau die Nutzvögel gefüttert. Nun stürzen immer wieder Spatzen von einer Baumkrone herab und stibitzen sich ein Körnchen Hühnerfutter. Elstern und Rotschwänzchen flattern von Baum zu Baum. Amseln sind nicht zu sehen – ganz im Widerspruch zur jüngsten Vogelzählung. Vielleicht sind sie gerade auf einem anderen Grundstück, einem Garten mit frisch gemähtem Rasen, und zerren mit wiederholten, ruckartigen Bewegungen Regenwürmer aus der Erde.



Quellenangabe: Die Kitzinger / 30.05.2012 / Autor Sabine Paulus


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken