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Mehlschwalbenschutz im Steigerwald
Bild zum Eintrag (26479-160)
Purzel und ich kurz vor seiner Auswilderung am 16. Juli
Mehlschwalbenschutz im Steigerwald
Bild zum Eintrag (26480-160)
Purzel am 1. Juli, (etwa 8 Tage alt)
Mein kleiner Mehlschwalbenfreund Purzel
Schon letztes Jahr habe ich mich mit Mehlschwalben in Scheinfeld intensiv beschäftigt und ihre Nester kartiert. Auch dieses Jahr führe ich meine Kartierung fort. Weil ich mit meiner neuen Digitalkamera und Klemmbrett bewaffnet an vielen Tagen unter diversen Mehlschwalbennestern anzutreffen bin, kennen mich eine ganze Reihe Leute bereits als „Schwalbenfreundin“.

So war ich auch nur wenig überrascht, als mich am 30. Juni gegen Abend Frau Romeis angerufen hat. Unter ihrem Balkon hängen in etwa zehn Meter Höhe einige Mehlschwalbennester. Eins davon ist heruntergefallen. Dabei sind drei Nestlinge ums Leben gekommen. Ein vierter jedoch lebte noch, aber wahrscheinlich nur, weil er nicht wie die anderen auf den harten Boden, sondern in einen Blumentopf gefallen war.

Sogleich holte ich das kleine Mehlschwalbenküken ab. Ich ahnte aber nicht, dass es noch so klein war: Das Mehlschwalbenjunge hatte nämlich noch nicht einmal Federn, erst den ersten Flaum.

Seine Augen waren nur einen kleinen Schlitz geöffnet. Vermutlich war es eine Woche alt. Am Bauch hatte es einen großen Bluterguss. Mit Babyspatzen, jungen Amseln und Eisvögeln habe ich etwas Erfahrung, doch noch nie hatte ich eine junge Mehlschwalbe aufgepäppelt! Ich nahm Purzel, so nannte ich ihn, mit sowie auch dessen tote Geschwister.

Zu Hause rief ich Herrn Neubauer in Klosterdorf an, der auch besetzte Mehlschwalbennester an seinem Haus hat, die nur in vier Meter Höhe hängen. Ich fragte ihn, ob er noch brütende Mehlschwalben hätte und ob ich Purzel bei ihm mit in ein Nest stopfen könnte. Aber seine Nestlinge waren leider bereits viel weiter entwickelt und fast flügge.

Da hätte mein Purzel keine große Chance.

Also beschloss ich, Purzel in einem alten Nistkasten meiner Wellensittiche selbst aufzuziehen. Im Supermarkt besorgte ich mir extra Tatar und in der Zoohandlung getrocknetes Insektenfutter, um ihn damit zu füttern. Am ersten Abend lag Purzel halbtot da und wollte kein Futter annehmen. Nur mit viel Mühe gelang es mir, ihm ein paar Tröpfchen Wasser einzuträufeln. Weder meine Eltern noch ich gaben ihm große Überlebenschancen.

Umso größer war meine Freude, als mich Purzel am nächsten Morgen, als ich gerade in aller Hektik wie immer meine Schultasche packen wollte, mit einem eindringlichen Gepiepse begrüßte. Er streckte sein Köpfchen aus dem Nistkasten und bettelte um Futter. Kein Wunder, dass ich zu spät zum Unterricht erschien. Als ich Purzel das erst Mal auf die Waage setzte, wog er 19g. Er hat sich glücklicher Weise gut erholt und in den nächsten Tagen auf 23g zugenommen. Erstaunt war ich über die riesige Futtermenge, die das kleine Vögelchen im Laufe des Tages zu sich nahm. Kaum betrat einer von uns das Wohnzimmer, lugte Purzel schon aus seiner „Wohnung“ heraus und forderte lautstark seinen Happen.

Auch mit der Verdauung klappte es von Anfang an prima. Mehrmals am Tag drehte sich das kleine Kerlchen um 180 Grad und schoss durch die Nistkastenöffnung einen Kotballen raus. Sehr reinlich, finde ich; auf  Deutsch gesagt, er machte sich nicht in die Windel oder ins Bett!

Nach und nach sind Purzel richtige Federn gewachsen, so dass er schließlich fast wie eine ausgewachsene Mehlschwalbe aussah. Mitte Juli war es dann so weit: Ich musste mir überlegen, wo und wie ich Purzel auswildern könnte, denn er war fast flügge.

Dies gelang am 16. Juli mit Hilfe von Georg Huprich, der bei mir in der Nähe wohnt, Schwalben mag und selbst einige künstliche Nester besitzt. In einem seiner Nester lebte gerade eine Mehlschwalbenfamilie, deren Nachwuchs ungefähr genau so weit entwickelt war wie Purzel. Herr Huprich setzte Purzel ganz vorsichtig in das besetzte Nest zu seinen neuen „Geschwistern“. Glücklicherweise hatte er eine Leiter, die lang genug war, um das machen zu können. Lange habe ich Purzel noch beobachtet, wie er aus dem neuen Zuhause neugierig herausgeschaut hat. Abgeflogen ist er an diesem Tag jedoch nicht. Sofort begriff er, dass das Futter nicht nur durch eine Pinzette herankommt, sondern im elterlichen Schnabel.

Am Nest war ein reges Kommen und Gehen. Einige seiner neuen Geschwister waren bereits flügge und unternahmen zahlreiche Versuche, ihr Nest wieder anzusteuern. Hoffentlich hat mein kleiner Mehlschwalbenfreund keine Schwierigkeiten mit seinen neuen Pflegeeltern. Er kannte ja nur mich, meine Eltern, und beim Füttern eine Pinzette mit Tatar/Insektengemisch. Ich wünsche Purzel auf jeden Fall alles Gute für seine Zukunft!

In Scheinfeld gibt es viele Schwalbenfreunde. Die meisten Hausbesitzer freuen sich, wenn im Frühjahr ihre Mehlschwalben wiederkommen und die Nester vom Vorjahr ausbessern, um zu brüten. Manche haben sich extra Kunstnester besorgt, da Mehlschwalben hierzulande oft Probleme haben, geeignete Lehmpfützen zu finden, um sich eigene Nester zu bauen. Die Kunstnester werden von den Vögeln dankbar angenommen. Auch unser Gymnasium hat am Kollegstufengebäude fünf Kunstnester angebracht, da dort im Vorjahr bereits Mehlschwalben gebrütet haben. Gegen den in der Brutzeit anfallenden Vogelkot gibt es eine wirklich einfache Lösung: Kotbretter.

Leider haben jedoch nicht alle Leute Schwalben so gern.

So musste ich allein in den letzten Wochen an zwei Häusern in Scheinfeld leider feststellen, dass fiese Hausbewohner Mehlschwalbennester einfach abgeschlagen haben, und dies, obwohl die Vögel gerade gebrütet und ihre Jungen großgezogen haben. Ich befürchte, dass dies auch in anderen Gemeinden geschieht. Allein das Abschlagen von Mehlschwalbennestern außerhalb der Brutzeit ist gesetzlich streng verboten, während der Brutzeit umso mehr.

Ich persönlich finde die Leute, die das tun, einfach gemein!

Lenka Stepanek

Für die gelistete Darstellung trägt der Autor die Verantwortung.
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