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Bauern ärgern sich über Problemvögel 20.07.2011
Bauern ärgern sich über Problemvögel 20.07.2011
Bauern ärgern sich über Problemvögel
20.07.2011
Weil ein Naturprojekt erfolgreich Wildgänse in die Mainauen lockt, treten für die Landwirte Schwierigkeiten auf. Grau- , Kanada- und Nilgänse kommen in Scharen und verursachen Ernteausfälle, für die bislang noch keiner bezahlen will.
Zeil/Haßfurt - Es schnattert am Main, die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Die Gänse sind im Flussparadies Mainaue angekommen. Viele freuen sich über die neue Wildnis vor der Haustür. Alle jubeln allerdings nicht über die Vögel. Die Bauern fürchten Ernteausfälle. Ein Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft bahnt sich an. Aber anders als bei Biber, Wildschwein & Co. bewegen sich die Wildgänse in einer rechtlichen Grauzone.
„Die Grau-, Kanada- und Nilgänse haben den neuen Lebensraum in der Mainaue dankbar angenommen und sich vermehrt“, sagt Dietmar Will, der beim „Life Natur Projekt Mainaue“ mitgearbeitet hat und heute bei der Stadt Haßfurt für „alles Grüne“ zuständig ist. Auf „locker 400“ Gänse schätzt der Biologe und Vogelexperte derzeit die Gänse-Population zwischen Eltmann und Haßfurt.
Neuer Lebensraum für Wildvögel
Von 2003 bis zum Jahr 2008 wurden rund 1,87 Million Euro zur Verbesserung der Lebensgrundlagen von Brut- und Zugvögeln in der Mainaue zwischen Haßfurt und Eltmann ausgegeben. 50 Prozent bezahlte die Europäische Union für das Natur-Projekt. Fast 70 Hektar für neue Vogel-Lebensräume haben die beteiligten Gemeinden und Städte Eltmann, Knetzgau, Haßfurt, Zeil und der Landkreis Haßberge dazu gekauft. Frühere Äcker wurden in Wiesen umgewandelt.
Selbst ehemalige Kiesgruben sind für das Projekt erworben worden, um die früher monotonen Ufer der Baggerseen zu renaturieren. Am „Hochreinsee“ wurden sogar mehrere zehntausend Kubikmeter Erdreich in das Stillgewässer geschoben, um neue Flachwasserbereiche für die Wildtiere zu schaffen. Durch die Industrialisierung im Maintal hatten die Tiere einen Großteil ihres Lebensraumes verloren. Um 1845 wurde das Maintal noch überwiegend als Grünland genutzt, das Lebensräume für zahlreiche Vogelarten bot. Spätestens ab 1960 wurde die Landnutzung intensiviert.
Der Mainausbau schaffte die Voraussetzungen dafür. In den späten 60er Jahren verschwand der Weißstorch aus dem Maintal. Ziele des Natur-Projektes waren deshalb insgesamt die „Wiederherstellung, die Gestaltung und der Erhalt des Stromtalabschnitts des Mains als europaweit bedeutsames kontinentales Zug- und Rastgebiet für Wasservögel“.
Niedergewalzt und verkotet
Nur drei Jahre nach dem Abschluss der Projektmaßnahmen wächst heute der Schilfröhricht prächtig an den Ufern. Auch der Auwald gedeiht, wo früher noch das Korn auf den Feldern blühte. Beobachtungstürme und Naturpfade laden ein, die neue Wildnis zu entdecken. Sogar neben der Autobahn A70 zeigen zwei touristische Hinweisschilder mit Graureiher und Libelle an, dass man die Natur im Maintal neu entdecken kann.
„Die Natur ist offen und für jeden zugänglich“, schwärmt Perry Alka aus Haßfurt, der gerne auf Foto-Safari ins Flussparadies Franken geht. „Ich genieße einfach die Natur und schaue ob es was Neues gibt“, sagt der Bauingenieur.
In letzter Zeit habe er feststellen können, dass einzelne Populationen zunehmen. „Ich bin mir sicher, dass sich die Vogel-Populationen insgesamt erhöht haben“, sagt Perry Alka und fotografiert Graugänse im eleganten Flug über die Mainauen.
Nicht alle sehen die neuen Gäste gerne. „Die Gänse sind inzwischen ein kontroverses Thema“, bestätigt Dietmar Will, der Biologe bei der Stadt Haßfurt.
„Im letzten Jahr war es extrem. Hunderte, Scharen sind da, wahnsinnig“, berichtet Peter Pottler, Landwirt aus Zeil am Main. Ein Feldstück hätten ihm die Gänse „niedergetrampelt, niedergewalzt, verkotet und den Rest gefressen“, ärgert sich Pottler, der bis jetzt keine Entschädigung für den Schaden bekommen hat. Fast einen Hektar Weizen hätten die Gänse zerstört. Bei einem Vorjahrespreis von 22 Euro pro Doppelzentner und einem möglichen Ertrag von 65 Doppelzentnern immerhin ein Verlust von rund 1400 Euro.
Es habe danach mehrere Ortstermine gegeben, an dem auch Landrat Rudolf Handwerker (CSU) teilgenommen habe, berichtet Pottler. „Das ist mittlerweile fast ein Jahr her und ich habe bis jetzt keine Entschädigung, bekommen“, erzählt der Landwirt weiter. Warum?
Im Gegensatz zu anderen Wildtieren, wie Wildschweinen beispielsweise, fallen von Gänsen verursachte Ernteausfälle nicht unter die Rubrik Wildschaden. Während Jagdpächter bei anderen Wildschäden per Jagdgesetz zur Kasse gebeten werden, bleiben die Bauern bei Ernteausfällen durchs Federvieh außer bei Fasanen auf ihren Verlusten derzeit sitzen.
Kreis zahlt höchstens freiwillig
„Es wird daran gearbeitet, es muss auch was passieren“, sagt Gerhard Eller, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Haßberge. Für das Problem mit den Gänsen im Maintal gebe es noch keine Lösung. Die Situation sei rechtlich sehr schwierig. „Ich weiß, es ist unbefriedigend, aber es ist die Wahrheit“, sagt Eller. Er ist aber überzeugt, dass eine Lösung gefunden werden könne, die nicht auf Kosten der neuen Tierwelt in den Mainauen gehen muss. „Die Vögel sind schön. Wir wollen die auch nicht vertreiben. Es muss aber im Rahmen bleiben“, sagt Gerhard Eller.
Die Landwirte hätten bereits einen Antrag auf Entschädigung beim Landratsamt Haßberge eingereicht, bestätigt Bernd Janik, der Sachgebietsleiter Wasserrecht und Naturschutz am Landratsamt Haßberge und ehemaliger Projektleiter des Life-Natur-Projekts. Allerdings müsse das Landratsamt in diesem Fall keine Entschädigungen bezahlen; „höchstens freiwillig, wenn überhaupt“ komme das Landratsamt für Schäden auf. Für diesen Fall – Ernteschäden durch Wildgänse – gebe es „überhaupt noch keine Regelung“, bestätigt Janik.
Etwas beruhigen kann zumindest Dietmar Will die schlimmsten Befürchtungen der Landwirte. „Wir sind schon an der natürlichen Grenze“, erklärt der Biologie im Hinblick auf die Explosion der Gänse-Population. Ein „sprunghafter Anstieg“ sei nicht mehr zu erwarten. Im Frühjahr bekämen sich die Wildtiere beim Kampf um Brutreviere bereits regelmäßig in die Wolle. „Viele Gänse treten gar nicht mehr zur Brut an“, hat Will beobachtet. Freilich, so der Vogelexperte weiter, seien die zahlreichen Grau-, Kanada- und Nilgänse auch ein Beweis für den großartigen Erfolg des Life-Natur-Projekts Mainaue. Andererseits könne er die Ängste der Landwirte verstehen, wenn sich die Tiere im Herbst in Massen auf einmal auf den Feldern scharen. „Im Herbst sitzen 200 bis 300 Gänse auf einem Feld“, weiß Will. Im Winter würden die Jäger die Gänse auch jagen. Aber Fuchs und Flinte seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wichtiger sei, so Will, die natürliche Grenze des Futter- und Nistplatzangebotes für die Eindämmung der Population.
Perry Alka ist fasziniert von der Vogelwelt am Main. Dabei denkt er auch an die Probleme, die beispielsweise der Kormoran für die Teichwirte gebracht hat. „Des einen Freud ist des anderen Leid. Aber ich denke, es ist für alle genug da“, sagt er beinahe schon philosophisch.
Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.
Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.
Artenschutz im Steigerwald
Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hassberge / Autor: Nikolas Pelke / Foto: Günter Flegel | 20.07.2011 | www.infranken.de
20.07.2011
Weil ein Naturprojekt erfolgreich Wildgänse in die Mainauen lockt, treten für die Landwirte Schwierigkeiten auf. Grau- , Kanada- und Nilgänse kommen in Scharen und verursachen Ernteausfälle, für die bislang noch keiner bezahlen will.
Zeil/Haßfurt - Es schnattert am Main, die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Die Gänse sind im Flussparadies Mainaue angekommen. Viele freuen sich über die neue Wildnis vor der Haustür. Alle jubeln allerdings nicht über die Vögel. Die Bauern fürchten Ernteausfälle. Ein Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft bahnt sich an. Aber anders als bei Biber, Wildschwein & Co. bewegen sich die Wildgänse in einer rechtlichen Grauzone.
„Die Grau-, Kanada- und Nilgänse haben den neuen Lebensraum in der Mainaue dankbar angenommen und sich vermehrt“, sagt Dietmar Will, der beim „Life Natur Projekt Mainaue“ mitgearbeitet hat und heute bei der Stadt Haßfurt für „alles Grüne“ zuständig ist. Auf „locker 400“ Gänse schätzt der Biologe und Vogelexperte derzeit die Gänse-Population zwischen Eltmann und Haßfurt.
Neuer Lebensraum für Wildvögel
Von 2003 bis zum Jahr 2008 wurden rund 1,87 Million Euro zur Verbesserung der Lebensgrundlagen von Brut- und Zugvögeln in der Mainaue zwischen Haßfurt und Eltmann ausgegeben. 50 Prozent bezahlte die Europäische Union für das Natur-Projekt. Fast 70 Hektar für neue Vogel-Lebensräume haben die beteiligten Gemeinden und Städte Eltmann, Knetzgau, Haßfurt, Zeil und der Landkreis Haßberge dazu gekauft. Frühere Äcker wurden in Wiesen umgewandelt.
Selbst ehemalige Kiesgruben sind für das Projekt erworben worden, um die früher monotonen Ufer der Baggerseen zu renaturieren. Am „Hochreinsee“ wurden sogar mehrere zehntausend Kubikmeter Erdreich in das Stillgewässer geschoben, um neue Flachwasserbereiche für die Wildtiere zu schaffen. Durch die Industrialisierung im Maintal hatten die Tiere einen Großteil ihres Lebensraumes verloren. Um 1845 wurde das Maintal noch überwiegend als Grünland genutzt, das Lebensräume für zahlreiche Vogelarten bot. Spätestens ab 1960 wurde die Landnutzung intensiviert.
Der Mainausbau schaffte die Voraussetzungen dafür. In den späten 60er Jahren verschwand der Weißstorch aus dem Maintal. Ziele des Natur-Projektes waren deshalb insgesamt die „Wiederherstellung, die Gestaltung und der Erhalt des Stromtalabschnitts des Mains als europaweit bedeutsames kontinentales Zug- und Rastgebiet für Wasservögel“.
Niedergewalzt und verkotet
Nur drei Jahre nach dem Abschluss der Projektmaßnahmen wächst heute der Schilfröhricht prächtig an den Ufern. Auch der Auwald gedeiht, wo früher noch das Korn auf den Feldern blühte. Beobachtungstürme und Naturpfade laden ein, die neue Wildnis zu entdecken. Sogar neben der Autobahn A70 zeigen zwei touristische Hinweisschilder mit Graureiher und Libelle an, dass man die Natur im Maintal neu entdecken kann.
„Die Natur ist offen und für jeden zugänglich“, schwärmt Perry Alka aus Haßfurt, der gerne auf Foto-Safari ins Flussparadies Franken geht. „Ich genieße einfach die Natur und schaue ob es was Neues gibt“, sagt der Bauingenieur.
In letzter Zeit habe er feststellen können, dass einzelne Populationen zunehmen. „Ich bin mir sicher, dass sich die Vogel-Populationen insgesamt erhöht haben“, sagt Perry Alka und fotografiert Graugänse im eleganten Flug über die Mainauen.
Nicht alle sehen die neuen Gäste gerne. „Die Gänse sind inzwischen ein kontroverses Thema“, bestätigt Dietmar Will, der Biologe bei der Stadt Haßfurt.
„Im letzten Jahr war es extrem. Hunderte, Scharen sind da, wahnsinnig“, berichtet Peter Pottler, Landwirt aus Zeil am Main. Ein Feldstück hätten ihm die Gänse „niedergetrampelt, niedergewalzt, verkotet und den Rest gefressen“, ärgert sich Pottler, der bis jetzt keine Entschädigung für den Schaden bekommen hat. Fast einen Hektar Weizen hätten die Gänse zerstört. Bei einem Vorjahrespreis von 22 Euro pro Doppelzentner und einem möglichen Ertrag von 65 Doppelzentnern immerhin ein Verlust von rund 1400 Euro.
Es habe danach mehrere Ortstermine gegeben, an dem auch Landrat Rudolf Handwerker (CSU) teilgenommen habe, berichtet Pottler. „Das ist mittlerweile fast ein Jahr her und ich habe bis jetzt keine Entschädigung, bekommen“, erzählt der Landwirt weiter. Warum?
Im Gegensatz zu anderen Wildtieren, wie Wildschweinen beispielsweise, fallen von Gänsen verursachte Ernteausfälle nicht unter die Rubrik Wildschaden. Während Jagdpächter bei anderen Wildschäden per Jagdgesetz zur Kasse gebeten werden, bleiben die Bauern bei Ernteausfällen durchs Federvieh außer bei Fasanen auf ihren Verlusten derzeit sitzen.
Kreis zahlt höchstens freiwillig
„Es wird daran gearbeitet, es muss auch was passieren“, sagt Gerhard Eller, Kreisgeschäftsführer des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) Haßberge. Für das Problem mit den Gänsen im Maintal gebe es noch keine Lösung. Die Situation sei rechtlich sehr schwierig. „Ich weiß, es ist unbefriedigend, aber es ist die Wahrheit“, sagt Eller. Er ist aber überzeugt, dass eine Lösung gefunden werden könne, die nicht auf Kosten der neuen Tierwelt in den Mainauen gehen muss. „Die Vögel sind schön. Wir wollen die auch nicht vertreiben. Es muss aber im Rahmen bleiben“, sagt Gerhard Eller.
Die Landwirte hätten bereits einen Antrag auf Entschädigung beim Landratsamt Haßberge eingereicht, bestätigt Bernd Janik, der Sachgebietsleiter Wasserrecht und Naturschutz am Landratsamt Haßberge und ehemaliger Projektleiter des Life-Natur-Projekts. Allerdings müsse das Landratsamt in diesem Fall keine Entschädigungen bezahlen; „höchstens freiwillig, wenn überhaupt“ komme das Landratsamt für Schäden auf. Für diesen Fall – Ernteschäden durch Wildgänse – gebe es „überhaupt noch keine Regelung“, bestätigt Janik.
Etwas beruhigen kann zumindest Dietmar Will die schlimmsten Befürchtungen der Landwirte. „Wir sind schon an der natürlichen Grenze“, erklärt der Biologie im Hinblick auf die Explosion der Gänse-Population. Ein „sprunghafter Anstieg“ sei nicht mehr zu erwarten. Im Frühjahr bekämen sich die Wildtiere beim Kampf um Brutreviere bereits regelmäßig in die Wolle. „Viele Gänse treten gar nicht mehr zur Brut an“, hat Will beobachtet. Freilich, so der Vogelexperte weiter, seien die zahlreichen Grau-, Kanada- und Nilgänse auch ein Beweis für den großartigen Erfolg des Life-Natur-Projekts Mainaue. Andererseits könne er die Ängste der Landwirte verstehen, wenn sich die Tiere im Herbst in Massen auf einmal auf den Feldern scharen. „Im Herbst sitzen 200 bis 300 Gänse auf einem Feld“, weiß Will. Im Winter würden die Jäger die Gänse auch jagen. Aber Fuchs und Flinte seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wichtiger sei, so Will, die natürliche Grenze des Futter- und Nistplatzangebotes für die Eindämmung der Population.
Perry Alka ist fasziniert von der Vogelwelt am Main. Dabei denkt er auch an die Probleme, die beispielsweise der Kormoran für die Teichwirte gebracht hat. „Des einen Freud ist des anderen Leid. Aber ich denke, es ist für alle genug da“, sagt er beinahe schon philosophisch.
Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.
Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.
Artenschutz im Steigerwald
Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hassberge / Autor: Nikolas Pelke / Foto: Günter Flegel | 20.07.2011 | www.infranken.de
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