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Naturwaldreservat Seelaub 2011
Bild zum Eintrag (39579-160)
Auf zwölf Hektar entsteht ein Urwald

29.07.2011    

In Oberhaid
wurde das kommunale Naturwaldreservat Seelaub nun auch offiziell ausgewiesen. Auf der ökologisch wertvollen Fläche bleibt die Natur sich selbst überlassen. Die Ergebnisse können Laien und Experten verfolgen.

Das ist der Blick in das Naturwaldreservat Seelaub vom Beobachtungssteg aus, wie ihn der Kameramann festhält. Fotos: Ronald RinklefFußballspielen, hier? Undenkbar. Und doch wurde hier vor nicht einmal allzu langer Zeit tatsächlich noch gekickt. Jetzt ist das einstige Spielfeld ganz und gar versumpft. Wasser, das einst Spieler ärgerte, und der feuchte Walduntergrund, der Waldbesitzern die Arbeit erschwerte, hat ein Gebiet geschaffen, das zu einem ganz besonderen geworden ist, zum Naturwaldreservat Seelaub.

Den Anstoß dazu gab die Flurneuordnung vor bald zehn Jahren. Hier wurde das Potenzial erkannt, das in dieser für die Wald- und Landwirtschaft doch ehr unattraktiven Fläche gerade aber für den Naturschutz steckt. Gutachten belegten dies. Fachbehörden und Kommune kooperierten ebenso wie die 111 Grundbesitzer. So wurde für etwas in ganz Oberfranken Einzigartiges der Weg bereitet: das erste Kommunale Naturwaldreservat vom Typus Au- und Bruchwald.

Wer durch Oberhaid hindurchfährt, hat keinen Schimmer, welche ökologische Kostbarkeit er da links oder rechts liegen lässt. Wenige hundert Meter nach dem Ortseingang (von Dörfleins kommend) in der Nähe des Kreislehrgartens und angrenzend an Kleingärten und Tennis-Gelände befindet sich das Naturwaldreservat Seelaub. Es umfasst eine Fläche von etwa 13 Hektar und wurde bis zur Flurneuordnung von insgesamt 111 verschiedenen Waldbesitzern bewirtschaftet, erklärt dazu Bürgermeister Carsten Joneitis (SPD). Als Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung hat er seinerzeit an der Befragung der Grundstückseigentümer mitgewirkt. "Es gab damals wenig Interesse an der Wiederzuteilung", erinnert er sich.

Das war die Voraussetzung dafür, dass die Gemeinde die Gesamtfläche durch Kauf oder Tausch erwerben konnte. Joneitis wechselte zwischenzeitlich in eine andere Gemeinde und freut sich nun als Bürgermeister, dass in Oberhaid die Bedeutung dieser Fläche erkannt wurde und die Gemeinde konsequent vorgegangen ist, um Naturschutzbelangen Rechnung zu tragen. In seinem dritten Amtsjahr als Bürgermeister darf Joneitis nun die Einweihung und Übergabe miterleben.

Stichwort "erleben": Natur erleben, wie sie sich entwickelt, wenn der Mensch sich nicht einmischt, wenn sie sich Terrain zurückerobert und damit für seltene wie bedrohte Tiere und Pflanzen Lebensraum bietet, das ist mittels eines Erlebnisstegs mit Aussichtsplattform möglich. 30 000 Euro hat die Gemeinde in den Douglasien-Steg mit Edelstahlgeländer investiert. Auf Betonpfeilern ruhend, dringt der Besucher trockenen Fußes 30 Meter weit ins Reservat ein - wie in eine andere Welt.

Das Naturwaldreservat stelle einen wertvollen Tei des Leader- Biotopverbundprojekts Maintal-Biotopverbund dar und werde in das Ökokonto der Gemeinde einbezogen, so der Bürgermeister. Es passe zudem hervorragend zum Konzept des sanften Tourismus, so Joneitis. Wege des neu geschaffenen Nordic-Walking-Parks queren das Reservat. "Diesen Weg werden wir auch offen halten", sagt Joneitis dazu. So können sich Spaziergänger ebenso wie Walker oder speziell am Reservat Interessierte sozusagen im Vorbeigehen einen guten Eindruck verschaffen.

Zurück zu dem Teil, der gezielt Einblick gewährt, also der Umgriff des Erlebnisstegs. Hier wird bewusst auf Bänke verzichtet, weil es nicht um dauerhaften Aufenthalt gehe. Freilich bedarf es Papierkörben, damit Zivilisationsmüll auch ordentlich entsorgt werden kann. Oberhaid sieht das Reservat wie erwähnt als Bestandteil dessen, was hier zum sanften Tourismus gehört.

Ganz gezielt soll es für den Bereich Umweltbildung genutzt werden. Deswegen können Interessierte Führungen mit der ortsansässigen Biologin Sabrina Haßler gerne über die Gemeinde buchen. Wie Joneitis weiter erklärt, gehe es in dem Naturwaldreservat darum, dass sich wieder ein Urwald entwickelt. In dem wird auch untersucht, wie sich biologische Vielfalt noch besser erhalten und fördern lässt.

Das erläuterte Olaf Schmidt, Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF), als er Bürgermeister Joneitis im Auftrag des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Urkunde übergab, die das Gebiet Seelaub nun offiziell als Naturwaldreservat ausweist. Es handelt sich insgesamt um das 160. in Bayern und das sechste kommunale, drei gibt es in Unterfranken, zwei in Mittelfranken und nun mit Oberhaid das erste in Oberfranken, so Schmidt. Solcher Reservate bedürfe es, um Erkenntnisse für die Waldbewirtschaftung zu gewinnen, es gehe darum, sich an der Natur zu orientieren. Für Forscher seien die Reservatesozusagen wie Freilandlaboratoriren. Der Oberhaider Fläche bescheinigte er Klasse statt Masse. Bei einer kurzen Führung ging Schmidt gemeinsam LWF-Experte Markus Blaschke auf die Vegetation ein.

Zuvor erläuterte Erich Sperlein aus Sicht das Amtes für Ländliche Entwicklung Oberfranken die Entstehungsgeschichte des Reservats, das zum Maintalbiotopvberbund gehöre. Es bilde einen wichtigen Trittstein, weil es die ökologischen Flächen im Maintal mit den Feuchtwaldgebieten verbindet. Einen Ausschlag dafür, hier bodenordnerisch tätig zu werden, gab die Bestockung mit über 90 Prozent Schwarzerlen.

Dank sagte er ebenso wie Schmidt, Landrat Günther Denzler (CSU), Staatssekretärin Melanie Huml und Andreas Knorr (Chef des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) all denjenigen, die das neue Naturwaldreservat erst möglich machten. Bürgermeister Joneitis jedenfalls freut sich über dieses neue Alleinstellungsmerkmal der Gemeinde Oberhaid, das die Gäste "ein Juwel" nannten.

Das Oberhaider Reservat zeichnet sich durch zwei besonders seltene und schützenswerte Feuchtwaldtypen aus: den Schwarzerlen-Eschen-Bachauenwald und Erlen-Sumpfwald. Feuchtwald ist geprägt durch größere Bestände an Schilf, Großseggen, Sumpfdotterblume, Fluss-Ampfer, Wassersschwertlilien und Moosen, zudem kommt in Oberhaid der seltene Hühnerbiss (Nelkengewächs) vor.

Im Oberhaider Naturwaldreservat dominieren auf Wasser angewiesene Arten wie Amphibien (Teichfrösche, Kammmolch), Schnecken, Steinkrebs, Groß- und Kleinlibellen, darunter die äußerst seltene Zweigestreifte Quelljungfer oder die Blauflügel-Prachtlibelle. Einen idealen Lebensraum findet die Ringelnatter, die zu den mitteleuropäischen Wasser- oder Schwimmnattern gehört. Das Betreten erfolgt auf eigene Gefahr (Kinder unter zwölf nur in Begleitung eines Erwachsenen), mit umstürzenden Bäumen und herabfallenden Ästen muss gerechnet werden, der Weg darf nicht verlassen werden, bei extremen Wetterbedingungen wie starkem Wind, aber auch bei Dunkelheit darf man das Naturwaldreservat nicht betreten.


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.

Artenschutz im Steigerwald

Quellenangabe: Fränkischer Tag / 29.07.2011 / Autor: Anette Schreiber


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