„Verdrängt, durchnässt, vergessen ...

„Verdrängt, durchnässt, vergessen – Der stille Rückzug der Großen Wiesenameise aus der Agrarlandschaft“
In der heutigen, hochintensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft stehen viele Tierarten unter massivem Druck – doch kaum ein Beispiel verdeutlicht die stille Erosion ökologischer Resilienz so eindrucksvoll wie das der geschützten Formica–Ameisenarten, insbesondere der Große Wiesenameise (Formica pratensis). Diese Arten spielen eine Schlüsselrolle im ökologischen Gefüge: Sie regulieren Insektenpopulationen, fördern die Bodenbelüftung und sind zentrale Akteure im Stoffkreislauf – und dennoch werden ihre Niststätten zunehmend zerstört oder entwertet.
Ein Blick in den ländlich geprägten Raum zeigt: Wo einst strukturreiche Feldraine, lichte Waldränder und extensive Grünlandbrachen Rückzugsorte boten, dominieren heute homogene Anbausysteme, allen voran großflächige Maismonokulturen. Während der Maisanbau in vielen Regionen Mitteleuropas inzwischen zu einem der flächenstärksten Kulturpflanzensysteme gehört, geht er einher mit erheblichen ökologischen Kollateralschäden – besonders für bodenabhängige Arten mit festen Neststandorten.
Erosion durch Erosion – wie Starkregenereignisse Ameisennester zerstören
Eine der bislang zu wenig beachteten Auswirkungen betrifft die zunehmende Häufigkeit von Starkregenereignissen im Zuge des Klimawandels. Insbesondere im Frühsommer, zur kritischen Phase der Nestentwicklung, treffen sintflutartige Regenfälle auf Bodenflächen, die durch intensive landwirtschaftliche Nutzung stark verdichtet, unbedeckt oder gar erosionsanfällig sind – ein typisches Merkmal von Maismonokulturen.
Die angrenzenden Ameisennester, oft in oder nahe an Feldrändern oder Hecken angesiedelt, fungieren in diesem hydrologischen System als unfreiwillige Senken. Durch das Fehlen natürlicher Pufferzonen – etwa durch Hecken, strukturreiche Übergänge oder Mulchstreifen – können die Niederschlagsmengen nicht mehr in den Oberboden infiltrieren, sondern sammeln sich oberflächlich und folgen den kleinsten Gefällelinien. Dies führt zu punktueller Überflutung und zur strukturellen Zerstörung der Nestkuppen, die für die Temperaturregulation und Brutpflege der Kolonie essenziell sind.
Darüber hinaus kommt es durch Hangwasserabfluss oder Vernässung zur mikrobiellen Destabilisierung des Nestgefüges – Schimmelbildung, faulige Zersetzung organischen Materials und Abwanderung oder Kollaps der Kolonie sind dokumentierte Folgen. Insbesondere Jungvölker, die sich noch im Aufbau ihrer Kuppelstruktur befinden, sind hiervon massiv betroffen.
Landschaft als Risiko – wenn das Umfeld zum Problem wird
Hinzu tritt die kombinierte Wirkung mehrerer Stressoren: Pestizideinträge über Drainwasser, mechanische Bodenbearbeitung in direkter Nähe, das Fehlen von Wintereinstrahlung durch angrenzende hohe Maispflanzen und die zunehmende Fragmentierung geeigneter Siedlungsräume. Eine ehemalige Habitatvielfalt, die Wanderungen und Neugründungen begünstigte, ist durch intensiven Maisanbau heute weitgehend zerstückelt.
Die Summe dieser Faktoren bedeutet für Waldameisen nicht nur eine ökologische Stresssituation, sondern faktisch ein Auslöschen aus der Agrarlandschaft – ein leiser Verlust, der kaum registriert wird. Dabei ist der gesetzliche Schutzstatus dieser Arten (§ 44 BNatSchG) eindeutig – doch die Realität vor Ort spricht eine andere Sprache.
Schutzmaßnahmen und Perspektiven
Der wirksame Schutz dieser ökologisch hochrelevanten Arten setzt voraus, dass auch die Landschaft als funktionaler Organismus verstanden wird. Einzelmaßnahmen – wie das Umsetzen von Nestern in Schutzgebiete – greifen zu kurz, wenn die Ursachen nicht adressiert werden. Es braucht:
Nur durch eine systemische Umgestaltung der Agrarlandschaft können die Ameisen als Schlüsselorganismen in ihren Lebensräumen verbleiben – und ihrer Rolle im biologischen Netzwerk weiterhin gerecht werden. Der Schutz ihrer Nester ist damit nicht nur ein Akt des Artenschutzes, sondern ein Indikator für den Grad an ökologischer Mitverantwortung in der Landbewirtschaftung unserer Zeit.
Stand 02.06.2025
- Ein unterschätzter Indikator biologischer Resilienz im Spannungsfeld von Monokultur und Klimadynamik
In der heutigen, hochintensiv bewirtschafteten Kulturlandschaft stehen viele Tierarten unter massivem Druck – doch kaum ein Beispiel verdeutlicht die stille Erosion ökologischer Resilienz so eindrucksvoll wie das der geschützten Formica–Ameisenarten, insbesondere der Große Wiesenameise (Formica pratensis). Diese Arten spielen eine Schlüsselrolle im ökologischen Gefüge: Sie regulieren Insektenpopulationen, fördern die Bodenbelüftung und sind zentrale Akteure im Stoffkreislauf – und dennoch werden ihre Niststätten zunehmend zerstört oder entwertet.
Ein Blick in den ländlich geprägten Raum zeigt: Wo einst strukturreiche Feldraine, lichte Waldränder und extensive Grünlandbrachen Rückzugsorte boten, dominieren heute homogene Anbausysteme, allen voran großflächige Maismonokulturen. Während der Maisanbau in vielen Regionen Mitteleuropas inzwischen zu einem der flächenstärksten Kulturpflanzensysteme gehört, geht er einher mit erheblichen ökologischen Kollateralschäden – besonders für bodenabhängige Arten mit festen Neststandorten.
Erosion durch Erosion – wie Starkregenereignisse Ameisennester zerstören
Eine der bislang zu wenig beachteten Auswirkungen betrifft die zunehmende Häufigkeit von Starkregenereignissen im Zuge des Klimawandels. Insbesondere im Frühsommer, zur kritischen Phase der Nestentwicklung, treffen sintflutartige Regenfälle auf Bodenflächen, die durch intensive landwirtschaftliche Nutzung stark verdichtet, unbedeckt oder gar erosionsanfällig sind – ein typisches Merkmal von Maismonokulturen.
Die angrenzenden Ameisennester, oft in oder nahe an Feldrändern oder Hecken angesiedelt, fungieren in diesem hydrologischen System als unfreiwillige Senken. Durch das Fehlen natürlicher Pufferzonen – etwa durch Hecken, strukturreiche Übergänge oder Mulchstreifen – können die Niederschlagsmengen nicht mehr in den Oberboden infiltrieren, sondern sammeln sich oberflächlich und folgen den kleinsten Gefällelinien. Dies führt zu punktueller Überflutung und zur strukturellen Zerstörung der Nestkuppen, die für die Temperaturregulation und Brutpflege der Kolonie essenziell sind.
Darüber hinaus kommt es durch Hangwasserabfluss oder Vernässung zur mikrobiellen Destabilisierung des Nestgefüges – Schimmelbildung, faulige Zersetzung organischen Materials und Abwanderung oder Kollaps der Kolonie sind dokumentierte Folgen. Insbesondere Jungvölker, die sich noch im Aufbau ihrer Kuppelstruktur befinden, sind hiervon massiv betroffen.
Landschaft als Risiko – wenn das Umfeld zum Problem wird
Hinzu tritt die kombinierte Wirkung mehrerer Stressoren: Pestizideinträge über Drainwasser, mechanische Bodenbearbeitung in direkter Nähe, das Fehlen von Wintereinstrahlung durch angrenzende hohe Maispflanzen und die zunehmende Fragmentierung geeigneter Siedlungsräume. Eine ehemalige Habitatvielfalt, die Wanderungen und Neugründungen begünstigte, ist durch intensiven Maisanbau heute weitgehend zerstückelt.
Die Summe dieser Faktoren bedeutet für Waldameisen nicht nur eine ökologische Stresssituation, sondern faktisch ein Auslöschen aus der Agrarlandschaft – ein leiser Verlust, der kaum registriert wird. Dabei ist der gesetzliche Schutzstatus dieser Arten (§ 44 BNatSchG) eindeutig – doch die Realität vor Ort spricht eine andere Sprache.
Schutzmaßnahmen und Perspektiven
Der wirksame Schutz dieser ökologisch hochrelevanten Arten setzt voraus, dass auch die Landschaft als funktionaler Organismus verstanden wird. Einzelmaßnahmen – wie das Umsetzen von Nestern in Schutzgebiete – greifen zu kurz, wenn die Ursachen nicht adressiert werden. Es braucht:
- Pufferstreifen und gezielte Strukturzonen zwischen Monokulturfeldern und naturnahen Saumbiotopen
- Erosionsvermeidende Bewirtschaftungsmethoden, wie reduzierte Bodenbearbeitung, Untersaaten oder Terrassierungen
- Hydrologische Entzerrung, z. B. durch Versickerungsmulden, um Oberflächenwasser kontrolliert abzuleiten
- Förderung naturnaher Ackerrandstreifen, auch im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der EU
- Verbindliche Schutzregelungen für bekannte Neststandorte im Rahmen betrieblicher Bewirtschaftungspläne
Nur durch eine systemische Umgestaltung der Agrarlandschaft können die Ameisen als Schlüsselorganismen in ihren Lebensräumen verbleiben – und ihrer Rolle im biologischen Netzwerk weiterhin gerecht werden. Der Schutz ihrer Nester ist damit nicht nur ein Akt des Artenschutzes, sondern ein Indikator für den Grad an ökologischer Mitverantwortung in der Landbewirtschaftung unserer Zeit.
Stand 02.06.2025
Aktueller Ordner:
Ameisen
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