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Viel Schotter für den Ring 2011
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Viel Schotter für den Ring

23.09.2011

Ein geschotterter Mittelstreifen am Berliner Ring soll die südliche Stadteinfahrt verschönern und Geld sparen. Doch nicht nur Naturfreunde schütteln den Kopf. Für sie ist die geplante Silbersommerflora eine teuere Umweltsünde. Heimischer Sandmagerrasen wurde weggebaggert – exotische Pflanzen sollen ihn ersetzen.

Bamberg - Anna Maria Welsch-Bomba kennt den Berliner Ring im Süden Bambergs wie ihre Westentasche. Drei Mal in der Woche fährt sie nach Forchheim zu ihrem Arbeitsplatz. Umso größer war der Schreck, als sie genau dort eine „Kieswüste“ erblickte, wo bislang eine typisch Bamberger Pflanzengesellschaft lebte: Sandmagerrasen. „Auf dem Mittelstreifen der Straße hat es meist geblüht. Der Natternkopf, viele Disteln – ein Anblick, über den ich mich immer gefreut habe.“

Nicht nur in der Bevölkerung fand die Idee eines blühfreundlichen und dabei wenig pflegeintensiven Straßenrandprojekts Beifall. Die Deutsche Umwelthilfe zeichnete die Stadt Bamberg 2008 für die Initiative aus: „Das Projekt ist ein Vorbild für die Verbindung von Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Artenschutz in der Stadt“, urteilten die Naturschutzexperten.

Vermutlich würde die Stadt Bamberg diesen Preis heute nicht mehr erhalten. Denn das Staatliche Bauamt, zuständig für den Berliner Ring, hat den preisgekrönten Sandmagerrasen auf 2200 Quadratmetern Fläche weggebaggert. In einer Nacht- und Nebelaktion und sehr zur Verärgerung der zuständigen Stellen der Stadt. Denn weder war das Umweltamt der Stadt informiert, noch wusste das Gartenamt Bescheid.

Auf dem Mittelstreifen der Schnellstraße, etwa von der Höhe Möbelhaus Koch bis zur Einmündung der Nürnberger Straße, ist kein Grashalm von der Abräumaktion verschont geblieben. Nackter Kalkschotter präsentiert sich hier, der freilich noch bepflanzt werden soll.

Norbert Nikol, zuständig für Landschaftspflege beim Staatlichen Bauamt, kann den Ärger wegen des Mittelstreifens nicht verstehen: Er handelt sich aus seiner Sicht um eine ökologisch wenig hochwertige Fläche, die künftig mit einer extrem trockenharten Silbersommer genannten Staudenmischung verschönert werden soll. „Wir haben sie in Forchheim bereits erprobt. Sie gefällt vielen.“

38 000 Euro kosten die Umbauarbeiten am Berliner Ring samt der demnächst erfolgenden Neupflanzung von 12 000 Stauden. Ein Geld, das gut investiert ist, urteilt auch Baudirektor Andreas Eisgruber vom Bauamt. Denn wegen des geringeren Pflegeaufwands könne man bereits mittelfristig Geld sparen.

Daran meldet man in der Stadt Bamberg Zweifel an. Robert Neuberth vom Gartenamt glaubt nicht, dass die Silbersommerflora weniger pflegeaufwendig ist als der frühere Sandmagerrasen, der in der Regel einmal im Jahr gemäht werden musste. Außerdem sei fraglich, ob die neuen Stauden bei einer dünnen Schotterfläche mit darunter liegendem Flies rechtzeitig vor der Landesgartenschau anwachsen.

Den Eindruck, der Ausbau am Ring stehe in einem Zusammenhang mit der Blumenschau, hatte das Bauamt in einer Pressemitteilung selbst erweckt. Doch eine Verbindung gibt es nicht. Bei den Machern der Gartenschau wusste man bis Donnerstag nichts von der vermeintlichen Verschönerungsaktion am Ring. Und man hätte sie auch nicht unterstützt, wie Stephanie Schirken-Gerster erklärte: „Wir haben Sandmagerrasen auf die Erba transplantiert, um eine typische Pflanzengesellschaft der Region zu zeigen. Wir würden nicht dazu beitragen, dass diese großflächig zerstört wird.“

Genau das ist auch der Vorwurf, den der Biologe im Umweltamt, Jürgen Gerdes, dem Bauamt macht. „Hier wird mit viel Aufwand eine heimische Steppengesellschaft entfernt, um eine nicht heimische Steppengesellschaft aus Amerika zu etablieren. Aus ökologischer Sicht ist der Umbau eine deutliche Verschlechterung und läuft der Idee der Sandachse Franke zuwider.“ Dabei handelt es sich um eines der größten bayerischen Naturschutzprojekte. Der Biotopverbund reicht von Weißenburg bis Bamberg.

Doch beim Bauamt ist man überzeugt, dass die Kritik bald verstummen und auch die Neuanpflanzung ihre Anhänger finden wird. Zumindest der Leiter des Gartenamts Forchheim, Herbert Fuchs, bestätigt die guten Erfahrungen, die dort mit Silbersommer gemacht wurden: „Die Stauden sind pflegeleicht und blühen auch sehr schön.“

Kein Verständnis für den „Kahlschlag“ hat dagegen der Bamberger Pflanzenexperte Hermann Bösche. Ein standorttypisches Biotop zugunsten eines fremden auszubaggern, sei ein Rückfall in die Umweltsünden früherer Zeiten. Ginge es nur um Verschönerung, hätte man auch deutlich günstiger für eine Aufwertung des Rings sorgen können, urteilt Bösche. „Es gibt viele schöne Stauden. Die Sandstrohblume oder die Sandgrasnelke sind nur zwei. Sie blühen fast das ganze Jahr über und kommen aus der Region.“

In der Aufnahme von Ronald Rinklef: Bambergs südliche Stadteinfahrt im schnöden Schotter-Look: Wo früher Sandmagerrasen mit heimischen Arten (kleines BIld) blühte, ließ das Staatliche Bauamt die Bagger kreisen. Künftig sollen hier trockenharte Pflanzen überwiegend aus Nordamerika wachsen.



Quellenangabe: Fränkischer Tag Bamberg / 23.09.2011 / Autor Michael Wehner / Foto: Ronald Rinklef
   

Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.

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