Sie alle engagieren sich gemeinsam mit Artenschutz in Franken® für eine intakte Umwelt
ARTENSCHUTZ IN FRANKEN®

Im Sinne uns nachfolgender Generationen
Ausgezeichnet

Home

Über Uns

Aktuelles

Der Steigerwald

Diverses

Pflanzen

Projekte

Publikationen

Tiere

Umweltbildung

Webcams
„Allen Menschen Leben in Würde ermöglichen ...
Bild zum Eintrag (89076-160)
„Allen Menschen Leben in Würde ermöglichen, ohne Planeten zu zerstören“

12/13.12.2016

Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler hielt Festrede zum 25-jährigen Bestehen der DBU

Berlin.

„Die größte Herausforderung der Menschheit im 21. Jahrhundert ist es,
allen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen, ohne dabei unseren
Planeten zu zerstören. Das kann und wird nicht mit dem jetzigen
Wohlstands- und Wachstumsmodell der Industrieländer gelingen. Wenn alle
Menschen so produzieren und konsumieren würden wie die Europäer und
Amerikaner, dann bräuchten wir drei oder vier Planeten in Reserve. Die
haben wir aber nicht.“ – Bundespräsident a.D. Prof. Dr. Horst Köhler zog
gestern Abend dieses Fazit in seiner Festrede als Schluss- und
Höhepunkt eines Kongresses, zu dem die Deutsche Bundesstiftung Umwelt
(DBU) anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens ins Radialsystem Berlin
eingeladen hatte.

DBU „ökologische Weitsicht“ attestiert

Köhler,
der der DBU eine „ökologische Weitsicht“ attestierte, „die wir heute
mehr denn je nötig haben“, betonte, wenn er heute über die nachhaltigen
Entwicklungsziele der Vereinten Nationen, die sogenannte Agenda 2030,
und den Pariser Klimavertrag sprechen solle, sei das ein großes Thema,
weil diese Rahmenvereinbarungen eine neue große Transformation von
Wirtschaft und Gesellschaft weltweit zum Ziel hätten. Doch die
Schwierigkeiten, auf die man bei der Umsetzung einer ökologisch
nachhaltigen Politik stoße, seien nur Spiegelungen von sehr viel tiefer
liegenden Dilemmata und Spannungen, mit denen Gesellschaften, Ökonomien
und politische Systeme konfrontiert seien in diesem extrem komplexen 21.
Jahrhundert. Köhler: „Und wir leben ja in einer seltsamen Zeit.
Ausgerechnet jetzt, wo deutlich wird, dass unsere Probleme erstens
komplex und zweitens global sind, scheinen jene Kräfte Oberhand zu
gewinnen, deren Antworten erstens simpel und zweitens national sind.“

In vielen westlichen Demokratien droht Diskreditierung globaler Kooperation plötzlich mehrheitsfähig zu werden

Obwohl
mehr internationale Zusammenarbeit und globale Lösungen gefragt seien,
drohe in vielen westlichen Demokratien die Diskreditierung globaler
Kooperation plötzlich mehrheitsfähig zu werden. Und es mache ihn zornig
zu sehen, „wie die Scharlatane mit ihren politischen Mogelpackungen
dieses Unbehagen ausnutzen, wie sie falsche Hoffnung verkaufen und damit
die Lösung jener Fragen, die die Menschen umtreiben, nur noch schwerer
machen“. Denn echte Alternativen würden ja nicht angeboten. Es sei doch
kein Zufall, dass die neuen Rechten in der ganzen Welt den
menschengemachten Klimawandel leugneten, auch die „Alternative für
Deutschland“. Köhler: „Wenn es ein Problem gibt, auf das die Lösung
eines sich abschottenden Nationalstaates ganz offensichtlich nicht
passt, wird dieses Problem einfach für nichtexistent erklärt.“

In den nächsten 30 Jahren bis zu 200 Millionen Klimaflüchtlinge

Die
weltweite Verbrennung fossiler Energieträger habe die Treibhausgase in
der Atmosphäre auf ein beispielloses Niveau getrieben. Die globale
Erwärmung bedrohe schon heute diejenigen am meisten, die am wenigsten
dazu beigetragen hätten: die Nomaden der Sahelzone, die Bewohner der
Pazifikinseln oder die Bauern in den Anden. Köhler: „Wir werden die
Folgen spätestens dann direkt zu spüren bekommen, wenn sich diese
Menschen als Klimaflüchtlinge auf den Weg machen. Die Vereinten Nationen
schätzen ihre Zahl in den nächsten 30 Jahren auf bis zu 200 Millionen,
sollte das Zwei-Grad-Ziel nicht erreicht werden.“ Die meisten
ökologischen Folgen der Erderwärmung seien unumkehrbar. Das mache die
Herausforderung der Bekämpfung des Klimawandels so einzigartig: dass sie
konkrete zeitliche Anforderungen an die Klimapolitik stelle und damit
eine ganz neue Qualität von Politik erfordere, die sich an Terminen
messen lassen müsse. Köhler: „Mit dem Klima kann man um keinen Aufschub
verhandeln. Die in der Politik so beliebte Methode des Zeit-Kaufens
stößt hier an ihre Grenzen.“

Gigantische Dimension dieser Herausforderung begreifen

Angesichts
des globalen Bevölkerungswachstums und der extremen Armut, in der über
eine Milliarde Menschen lebe, sei die Dekarbonisierung des
Wirtschaftsmodells der Industriestaaten als Aufgabe ja schon schwer
genug. Gleichzeitig müsse aber massives Wirtschaftswachstum in den armen
Ländern ermöglicht werden – dort würden Krankenhäuser, Schulen,
Straßen, Energienetze, Dienstleistungen und Industriebetriebe gebraucht,
um den Menschen Bildung, Arbeit, Einkommen zu geben, also die
Perspektive auf ein Leben in Würde. Köhler: „Von welcher materiellen
Substanz aber soll sich dieses Wachstum nähren, wenn wir doch schon
jetzt an die ökologischen Grenzen unseres Planeten stoßen?“ Die Menschen
müssten die gigantische Dimension dieser Herausforderung begreifen.
Denn „erst wenn wir die Armuts- und Umweltfrage gemeinsam betrachten,
bekommen wir eine Ahnung dessen, was uns bevorsteht“.

Transformation muss zuallererst in den Industrieländern stattfinden

Unmoralisch
sei es, von den anderen zu erwarten, sie sollten es anders machen. So
sei es klimapolitisch zwar nachvollziehbar, dass Deutschland als
Anteilseigner der Bank die Finanzierung eines neuen Kohlekraftwerks in
Südafrika ablehne, gleichzeitig könne es aber nicht wegen der
Arbeitsplätze selbst weiter an der Kohle hängen. Dabei gebe es
Alternativen „doch auch bei uns“. Köhler: „Wenn wir die extreme Armut
beenden wollen, und wenn wir dabei den Planeten nicht zerstören wollen,
ist eine neue große Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft
unvermeidlich. Und diese Transformation muss zuallererst bei uns in den
Industrieländern stattfinden. Das ist keine kleine Verantwortung. Aber
der Vorteil, den wir bisher aus der ungleichen und ungerechten
Verteilung der natürlichen Ressourcen gezogen haben, der war auch alles
andere als klein.“

Übereinkunft der Staatengemeinschaft trotz aller Unterschiede

Das
Zustandekommen der Agenda 2030 für Nachhaltige Entwicklung der
Vereinten Nationen und des Pariser Klimavertrages selbst seien schon ein
kleines Wunder: Sie zeigten, dass trotz aller Unterschiede
Zusammenarbeit möglich und eine Übereinkunft der Staatengemeinschaft
gefunden worden sei, wonach „wir die erste Generation sein wollen und
sein könnten, die die extreme Armut beendet, und die letzte Generation,
die vom Klimawandel bedroht ist“. Natürlich seien gerade die
Nachhaltigkeitsziele juristisch gesehen nicht viel mehr als eine
Absichtserklärung und kein globaler Masterplan. Aber: beide Abkommen
seien doch ein Kompass, dessen Signalwirkung man nicht unterschätzen
solle. Köhler: „Jetzt kann keiner mehr behaupten, er wisse nicht, in
welche Richtung die Reise gehen soll.“

Klimaschutzplan „nicht mehr ehrgeizig, sondern nur noch geizig“

Das
deutsche Flaggschiff Energiewende werde im Ausland oft mit Bewunderung
verfolgt. Deutschland habe zu den Pilotländern gehört, die erstmals über
ihren Umsetzungsstand zur Agenda 2030 berichtet hätten. Und bei der
Klimakonferenz in Marrakesch vor zwei Wochen sei Deutschland eines von
nur vier Ländern gewesen, die überhaupt einen halbwegs konkreten
Zeitplan hinterlegt hätten, wie die Klimaziele bis zum Jahr 2050
erreicht werden sollten. Andererseits dokumentiere aber der deutsche
Klimaschutzplan selbst, „wie da ein beachtlicher Ehrgeiz der
Umweltministerin in den Mühlen der Ressortabstimmung so geschliffen
wurde, bis am Ende nur noch ein Plan übrigblieb, der nicht mehr
ehrgeizig, sondern nur noch geizig ist – geizig an politischem Mut und
echter Innovationskraft“. Es wüssten zwar alle, dass bestimmte
Transformationsaufgaben nur mit einem klaren Richtungswechsel zu
schaffen seien. Köhler: „Und dennoch druckst man herum anstatt sich
ehrlich zu machen, dennoch wird aufgeschoben anstatt angepackt. Was
läuft da schief? Warum fällt es der Politik so schwer, das Wissen in
Handeln zu übersetzen?“

Automobilindustrie in Elektromobilität den Innovationswettbewerb verschlafen

Nachdenklich
stimme ihn auch, so Köhler, dass die deutsche Automobilindustrie in der
Elektromobilität den Innovationswettbewerb verschlafen habe, wo doch
mit jedem Chinesen mehr, der auf offener Straße eine Schutzmaske trug,
die Problematik des Modells Verbrennungsmotor deutlicher geworden sei.
Köhler: „Während die Chinesen an Innovationen tüftelten und deutliche
staatliche Vorgaben für den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor
vorbereiteten, bastelten einige deutsche Autobauer an innovativen
Manipulationssoftwares und setzten sich mit aller Kraft dafür ein, die
staatlichen Umwelt-Vorgaben zu verwässern.“

Neues Bewusstsein für langfristige Folgen von Politik notwendig


Was
die Transformation so schwierig mache, sei die Tatsache, dass der
Interessensausgleich nicht mehr nur mit Blick auf das eigene Land
organisiert, sondern auf die räumliche und zeitliche Perspektive
ausgedehnt werden müsse. Politik müsse die künftigen Generationen ebenso
berücksichtigen wie die anderen Erdteile. Das demokratische System sei
klaren Zeithorizonten unterworfen: Alle vier Jahre gebe es eine
Bundestagswahl, die ein Parlament und eine Regierung auf Zeit
legitimiere. Damit werde Politik aber zu einem Zeitpunkt legitimiert, zu
dem ihre langfristigen Auswirkungen noch gar nicht zum Tragen gekommen
seien. Deshalb verführe das System dazu, die bequemen kurzfristigen
Lösungen den unbequemen langfristigen Lösungen vorzuziehen. Notwendig
sei ein neues Bewusstsein für die langfristigen Folgen von Politik, die
eben teilweise nicht umkehrbar seien.

Jobs durch frühzeitige Innovationen sichern


Fragen
von Nachhaltigkeit, aber auch von politischer Beteiligung müsse noch
viel stärkere Aufmerksamkeit in den Bildungsprozessen gewidmet werden.
Und eine vorausschauende, weitsichtige Politik sei nicht nur eine
moralische Frage, sondern auch eine ökonomische. Je länger man sich vor
bestimmten Anpassungsprozessen drücke, desto härter und teurer werde die
Anpassung, wenn sie dann irgendwann unausweichlich sei. Rund 800.000
Jobs hingen derzeit in Deutschland direkt an der Autoproduktion und
jeder dauerhafte Verlust eines solchen Arbeitsplatzes sei schmerzhaft
für den Einzelnen und die Gesellschaft. Aber das könne doch keine
Ausrede dafür sein, den notwendigen Strukturwandel immer wieder
hinauszuschieben. Köhler: „Im Gegenteil, das beschreibt doch gerade die
Verantwortung, Jobs durch frühzeitige Innovationen zu sichern und nicht
dadurch zu gefährden, dass man die Augen vor der unbequemen Realität
verschließt.“ Und die Realität heiße, dass die Dekarbonisierung der
Wirtschaft kommen werde. Immerhin scheine jetzt in der Autobranche
endlich ein Umdenken einzusetzen.

Wirksamer Preis auf Kohlendioxid durch eine Steuer oder einen Emissionshandel, der funktioniert

Nötig
sei ein wirksamer Preis auf Kohlendioxid (CO2) durch eine Steuer oder
einen Emissionshandel, der funktioniert. Erst dann würden die
Unternehmer belohnt, die sich langfristig auf eine dekarbonisierte
Wirtschaft einstellen. Ein echter, weltweiter CO2-Preis würde, so
Köhler, ein globales Wettrennen auslösen in den Laboren und Denkfabriken
der Unternehmen und Universitäten, um die besten Lösungen für eine
klimaneutrale Ökonomie zu entwickeln.

Ungelöste Widersprüche unserer Wirtschaftsweise bringen das System an seine Grenzen


Demokratische
Politik sei mehr als die Summe aller Einzelinteressen. Sie müsse im
Dickicht der Widersprüche und Dilemmata einen Weg bahnen in eine Welt,
die allen Menschen ein Leben in Würde ermögliche, ohne die Zukunft des
Planeten aufs Spiel zu setzen. Dieser Weg werde neue Gewinner und neue
Verlierer produzieren. Viele Menschen merkten und wüssten aber, dass es
so wie bisher irgendwie nicht weitergehen könne und die ungelösten
Widersprüche unserer Wirtschaftsweise das System an seine Grenzen
bringen würden. Es sei möglich, den Wohlstand zu erhalten, den
Gesellschaften neuen Sinn einzuhauchen, wenn die Menschen den Wandel
selbst gestalteten und ihm nicht auswichen. Köhler: „Es ist möglich, in
Würde so zu leben, dass mein Lebensstil auch Menschen in anderen
Erdteilen und auch meinen Enkelkindern ein Leben in Würde erlaubt.“

„Gehen Sie raus aus den Silos Ihrer Fachlichkeiten und Communities“


Köhler
forderte die Festaktsteilnehmer auf, „sich jetzt nicht kirre machen zu
lassen. Lassen Sie sich die Relevanz Ihrer Aufgabe nicht kleinreden,
sagen Sie mit Mut und auch mit Stolz, dass Sie nicht trotz, sondern
gerade wegen all der Krisen an dieser Transformation arbeiten. Denn die
große Transformation ist ja nicht die Ursache, sondern die Antwort auf
das Unbehagen vieler Menschen. Gehen Sie raus aus den Silos Ihrer
Fachlichkeiten und Communities, gehen Sie auf jene zu, die eine andere
Perspektive auf die Welt haben, reden Sie auch mit jenen, die mit Ihnen
nichts anfangen können, und mit jenen, die Angst vor Veränderungen
haben.“

Einzigartige Kultur nachhaltiger Projektförderung zur Entlastung der Umwelt bei DBU gewachsen


Begrüßt
hatten die Festtagsgäste die Vorsitzende des DBU-Kuratoriums und
Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium, Rita
Schwarzelühr-Sutter (MdB), und DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich
Bottermann. Schwarzelühr-Sutter betonte in ihrer Funktion als
Vertreterin der Bundesregierung und damit des Stifters, allein die
absoluten Förderzahlen der DBU verdeutlichten die enorme Breitenwirkung
der Stiftungsarbeit. Dabei sei erfolgreiche Innovationsförderung alles
andere als trivial - Geld alleine nutze wenig. Um tatsächliche
Hebelwirkungen zu erzielen, brauche man viel Sachverstand, Gespür für
das Mögliche und eine gute Portion Risikobereitschaft. Die DBU habe die
von ihr geförderten Projekte immer mit höchster Professionalität
ausgewählt, entwickelt und kommuniziert - hier sei über die Jahre eine
einzigartige Kultur nachhaltiger Projektförderung zur Entlastung der
Umwelt gewachsen.

Beispiel für unbürokratische und schnelle Reaktion: Projekte zur Integration Geflüchteter

Die
Stiftung habe sich dabei immer wieder neuen Themen und
Herausforderungen gestellt. Wer Innovationen fördern wolle, könne dies
kaum in immer gleichbleibenden Mustern und Strukturen leisten. Die
Offenheit des Blicks, die Bereitschaft zur selbstkritischen Überprüfung
und zur Veränderung der eigenen Position seien unabdingbare Bestandteile
einer Innovationsstiftung. In ein