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Ein Stadtteil wird wachgeküsst
Ein Stadtteil wird wachgeküsst

31.03.2012

Gartenschau  Vier Wochen vor dem Start der Landesgartenschau dominiert in Bamberg die Vorfreude. Die Proteste von einst sind verstummt.

Bamberg -
Am Anfang war der der Ärger. Und der Ärger war groß. Auf dem Michaelsberg sammelten wütende Bürger Tausende Unterschriften gegen die Rodung von 80 Obstbäumen für einen Weinberg. Am Main-Donau-Kanal, wo sich Nachbarn gegen den Bau eines Busbahnhofs zur Wehr setzten, trugen die Bäume weiße Kreuze und die Aufschrift: „Wir sterben für die Landesgartenschau.“

Auch Siegfried Prell gehörte zu jenen, die noch vor drei Jahren wenig Gutes an der Vorstellung einer Gartenschau ließen. „Wir waren sauer, weil sie uns die Hälfte aller Gärten wegnehmen wollten“, sagt der Vorstand einer Kleingartensiedlung.

Heute ist vom Unfrieden zwischen den Schrebergärten nichts mehr zu spüren. Die Parzellen sind herausgeputzt. Von 56 Häusern mussten vier dem Bagger weichen. Und genau die Grundstücke sind es, die Prell bei einem Rundgang den Gästen zeigt. Dort entstehen Mustergärten und Lauben nach Plänen von Coburger Studenten. Von ihnen hat man einen schönen Blick auf die Attraktionen der Schau: auf Fischpass, Pyramidenwiese und den Gottesgarten der Religionen.

Siegfried Prell ist zufrieden, was die große Gartenschau für die kleinen Gärten gebracht hat: Viel Geld wurde investiert, für Wegebau, Zäune, nicht zu vergessen 38 000 Tulpen. Es sind gelbe, blaue und weiße. Die ersten stecken ihre Köpfe schon aus den Beeten, bereit die Insel in ein Meer von Blumen zu verwandeln. „Die Leute freuen sich“, sagt Prell.

Claudia Knoll, Geschäftsführerin der Bamberger Gartenschau-Gesellschaft, wundert der Stimmungswandel nicht. Die Landschaftsarchitektin hat Ähnliches bei den Vorgängerveranstaltungen in Neu-Ulm und Rosenheim erlebt. Das Image einer Gartenschau dreht sich rasch. Je näher die Veranstaltung rückt, desto kleiner scheinen die Bedenken: „Zu sehen, was hier entsteht, das überzeugt die meisten Kritiker.“

Auch in Bamberg gab es einen Moment, als vielen klar wurde, dass eine Landesgartenschau mehr ist als eine halbjährige Präsentation von Tulpen und Stiefmütterchen. Es war der Bau eines Fischpasses, der die ehemalige Industriebrache der Erba-Insel auf einer Länge von einem Kilometer durchströmt – ein ökologisches Vorzeigeprojekt, das schon vor dem Ansturm der Besucher viele Bewunderer gefunden hat.

Das Wasserwirtschaftsamt Kronach hat mit dieser künstlichen Naturlandschaft viele Ziele unter einen Hut gebracht: Der bis zu vier Meter eingegrabene Bach schafft für Wasserlebewesen die bisher durch ein Kraftwerk unterbrochene Verbindung zwischen Ober- und Unterlauf der Regnitz. Er ist der beeindruckende Höhepunkt eines Parks geworden; und er war mit einer Million Euro Baukosten vergleichsweise billig. Selbst der seltene Eisvogel soll schon gesichtet worden sein.

Von der Begeisterung über ein neues Stück Natur mitten in der Stadt profitierte auch Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD), seit sechs Jahren im Amt und vor kurzem wiedergewählt. Für ihn bot die Landesgartenschau „den Schlüssel zur Stadtentwicklung“, die ohne sie nicht möglich gewesen wäre, wie er sagt. Auf der Erba-Insel entstand in wenigen Jahren ein völlig neues Viertel. Mit Wohnungen, einem Uni-Campus und einem Park. Starke: „Das ist alles, was eine Stadt wie Bamberg braucht.“

Die anfängliche Kritik gegen Projekte wie den Weinberg oder die neuen Uferwege ist zwischenzeitlich verstummt. Für das Stadtoberhaupt auch eine Folge dessen, wie man mit den Einsprüchen umgegangen ist. Er nennt Bürgerbeteiligung und größtmögliche Transparenz. Man habe versucht, die Interessen auszugleichen, Konflikte zu entschärfen. Der OB fühlt sich bestätigt: „Ich spüre eine Vorfreude und eine Begeisterung für die Landesgartenschau, wie sie vor sechs Jahren nicht vorhersehbar war.“

Freilich hat die Stadtentwicklung ihren Preis. Die voraussichtlichen Gesamtkosten der Schau liegen knapp unter 30 Millionen Euro. Der städtische Anteil darf 18 Millionen Euro nicht übersteigen, was auch in einer wohlhabenden Stadt wie Bamberg kein Pappenstiel ist.

Für die Grünen waren die Kosten, aber auch der aus ihrer Sicht anfangs wenig sensible Umgang mit Bürgerinteressen der Grund, weshalb ihr Bekenntnis zur Gartenschau nie völlig ungetrübt war. „Die Landesgartenschau ist die teuerste aller Zeiten in Bayern“, wirft der grüne Stadtrat Peter Gack der politischen Mehrheit aus CSU und SPD im Stadtrat vor. Seine Fraktion hätte lieber kleinere Brötchen gebacken und den Eigenanteil Bambergs auf 14 Millionen Euro begrenzt. „Die Uferwege an der Regnitz, die Aussichtsrampen am Kanal mögen ja schön sein, aber das Geld fehlt nun für andere wichtige Dinge, Schulen zum Beispiel.“


Eine Million Besucher erwartet

Der Millionenaufwand für ein halbjähriges Großereignis mit über 80 Ausstellungsbeiträgen und mehr als 2000 Einzelveranstaltungen wird den Ansturm des Publikums kaum bremsen, wenn die Pforten zur Landesgartenschau in Bamberg am 26. April öffnen. Die Stadt Bamberg rechnet bis Oktober mit einer Million Besuchern. Doch viele ahnen bereits: Sollte es einen sonnigen Frühling und Sommer geben, könnten auch Besucherrekorde gebrochen werden.
Für den im Nordwesten Bambergs gelegenen Stadtteil Gaustadt, in dem sich die Erba-Insel befindet, ist ein solcher Zulauf mehr als ungewohnt. Um den Verkehrsinfarkt zu vermeiden, können Besucher das Veranstaltungsgelände nur mit Bussen, Schiff oder Fahrrad erreichen. Individualparkplätze gibt es vor Ort nicht. Trotzdem fürchten manche in Gaustadt, an schönen Sommerwochenenden hoffnungslos zugeparkt zu werden.

Die Vorfreude auf das Großereignis mag das aber nicht trüben, was auch an der Geschichte des Stadtteils liegt. Der litt lange unter dem Ruf, ein trister Vorort zu sein. Heute hat Gaustadt sein Image gewandelt und ist beispielsweise bei der Wohnungssuche beliebt wie nie. Daniela Reinfelder vom Bürgerverein vor Ort beschreibt den Wandel so: „Die Gartenschau hat Gaustadt wachgeküsst.“



Quellenangabe: Fränkischer Tag / 31.03.2012 / Autor Michael Wehner / Fotos Ronald Rinklef


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken