Sie alle engagieren sich gemeinsam mit Artenschutz in Franken® für eine intakte Umwelt
ARTENSCHUTZ IN FRANKEN®

Im Sinne uns nachfolgender Generationen
Ausgezeichnet

Home

Über Uns

Aktuelles

Der Steigerwald

Diverses

Pflanzen

Projekte

Publikationen

Tiere

Umweltbildung

Webcams
Energie-Experte „schiebt“ die Windräder an
Energie-Experte „schiebt“ die Windräder an

20.02.2012

Herbert Barthel vom Bund Naturschutz lobt die lokalen Lösungen im Kreis Haßberge. Die Energiewende kann seiner Ansicht nach sogar drohende Kriege abwenden.


Ebern -
„Mit der Pudelmütze und Wollsocken ins Bett, die Wärmflasche unter der Decke? Die Zimmertemperatur runterdrehen – im Pelzmantel auf dem Sofa vor dem Fernseher – solchen Fantastereien und einen Rückfall in Omas „gute alte Zeit“ sprach Herbert Barthel, der neue Energieexperte des Bund Naturschutz (BN) zwar an, fegte sie aber gleich als „nicht vorstellbar“ aus seiner Gedankenwelt.

Dennoch vertrat er die Überzeugung: „Unser Lebensstil verschleudert zu viel Energie“. Daher sei ein Umdenken notwendig, sagte er bei einem Vortrag vor (wenigen) Mitglieder der BN-Kreisgruppe in den Frankenstuben.
Auf lokale Initiativen wollte er explizit nicht eingehen. So blieben auch Komplimente für die Energiewende im Landkreis aus, der eine Vorreiterrolle in Bayern eingenommen hat.

Doch mit seinem Credo stellte sich der BN-Energie-Experte fast deckungsgleich hinter die auf Kreisebene und in der Stadt laufenden Bestrebungen, die Energieversorgung auf lokaler Ebene zu regeln. Er maß solchen Vorstößen sogar globale und friedensstiftende Bedeutung zu. „So, wie wir aktuell unsere Energie besorgen, ist das der blanke Kolonialismus.

Wenn wir jetzt für eine Wende plädieren, ist dies nicht nur vom Naturschutz getrieben, sondern reiner Selbstschutz, damit nicht Milliarden Menschen aus ärmeren Ländern zu uns kommen wollen, was einen Krieg bedeuten würde.“


Mehr Demokratie

Mit der dezentralen Energieproduktion werde nicht zur Revolution aufgerufen, sondern durch die Übergabe in kommunale Hände werde mehr Demokratie möglich, weil die Bürger vor Ort mitreden können, umriss Barthel eine weitere politische Dimension.

Dass Stromkonzerne dies zu verhindern suchen, versteht Barthel sogar, denn: „Da sind riesige Geldmengen im Spiel.“ Unterstützt würden die Energie-Mutis dabei von den FDP-geführten Wirtschaftsministerien in Berlin und München. „Wirtschaftsminister Rösler hat das Energie-Einspeisegesetz zur Jahreswende schon 16 Tage nach seiner jüngsten Novellierung wieder in Frage gestellt.“

Als Ansatz zum Energiesparen nannte der Energieexperte so genannte Passivhäuser oder den Einbau von Mini-Blockheizkraftwerken.

Wenig Chancen räumte er der Wasserkraft ein. „Wir haben schon eine tote Flussökologie, die weitere Ausbauten unmöglich macht.“

Viel besser stehe es um die Nutzung der Sonnenenergie. „Die Photovoltaikanlagen erzeugen Strom zu Zeiten, wenn er tatsächlich benötigt wird – zur Mittagszeit.“ Auch jetzt im Winter decke die Sonnenenergie in Bayern zwischen 11 und 14 Uhr 25 Prozent des Bedarfs ab. „Die Photovoltaik liefert wertvollen Spitzenstrom.“

Skeptischer beurteilt der BN-Sprecher, der die Nachfolge des verstorbenen Bambergers Ludwig Trautmann-Popp antrat, die Energiegewinnung aus Biomasse, weil die „einen riesigen Flächenbedarf voraussetzt und davon haben wir in der Bundesrepublik nur begrenzte Freiräume“. Andererseits sei das Biogas (Methan) ein Rohstoff, der sich speichern lasse.

Der Anteil an Biomasse liege in Bayern schon über dem Bundesdurchschnitt. „Das ist ein Potenzial, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten wenn Wind und Sonne nicht zur Verfügung stehen.“


Effiziente Lösung

Vor dem Hintergrund der Flächen-Effizienz „kommen wir an Windstrom nicht vorbei, der durchaus in Höhen von 160 Metern über dem Boden erzeugt werden soll.“. Barthel rechnet mit 30 bis 40 Windrädern für jeden Landkreis in Bayern. Bei Investitionskosten je Anlage von fünf Millionen Euro lasse sich sicher ein Eigenkapitalanteil von 20 Prozent einsammeln.

Barthel erachtet es als „geringes Risiko“ 20 Windräder auf eine Hügelkette zu stellen, weil so eine infrastrukturelle Maßnahme von der nächsten Generation wieder korrigiert werden kann. „Das lässt sich nach 20 Jahren wieder ändern, bei Atomkraftwerken schaut dies anders aus.“

Von den Rotoren gehen nach Barthels Überzeugung auch keine Gefahren auf (Tier-)Populationen aus. „Die ist durch den Straßenverkehr viel größer“.

Bei der Diskussion über die Standorte für Windräder ließen sich durch entsprechende Vorprüfungen viele Konflikte entzerren. Zu Tabuzonen erklärte er aber Nationalparks und Naturschutzgebiete, in Waldgebieten sollten Einzelfallprüfungen durchgeführt werden.

Auf Nachfrage von Bürgermeister Robert Herrmann (CSU), wie Barthel die Ausgangssituationen für Wind und Sonne im Vergleich von Nord- zu Süddeutschland beurteilte, antwortete Barthel, dass die Unterschiede beim Ertrag höchstens zwischen 20 und 30 Prozent liegen. Werde der Strom, der lokal erzeugt werde, auch lokal verbraucht, gebe es keine großen Leitungsverluste. Daher liege das Problem nicht im zusätzlichen Ausbau von Hochspannungsnetzen. „Dies ist bei den Verteilerleitungen durch die kleinen Hausanlagen eher notwendig.“

Die von der Bundesregierung beschlossene Abschaltung aller Atomkraftwerke kommt nach Haltung Barthels „eingedenk der Risiken dieser Technologie viel zu spät“. Dabei verwies er an diesem bitterkalten Abend auf eine aktuelle Mitteilung des Wirtschaftsministeriums, wonach die Grundlast in Deutschland schon jetzt bis auf drei, vier Wochen im Jahr auch ohne Atomkraft gesichert sei.



Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hasserge / Autor Ralf Kestel / 15.02.2012


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken