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Der Druck auf den Michelsberger Wald steigt
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Der Druck auf den Michelsberger Wald steigt

23.01.2013

Manfred Mayer lässt sich auch von Eis und Schnee nicht abschrecken. Drei Mal in der Woche dreht der 66-Jährige im Michelsberger Wald seine Runden. Im Laufschritt, aber mit offenen Augen für die Schönheit, die ihn umgibt: "Für mich ist der Michelsberger Wald etwas Wunderbares. Hier genieße ich die Ruhe und fühle mich, auch wenn ich ganz alleine bin, nie einsam."


Bamberg/Oberfranken. Wie Mayer geht es vielen in Bamberg und den angrenzenden Gemeinden. Der Michelsberger Wald, ein bis zu sieben Kilometer langes von Straßen unzerschnittenes Waldband zwischen Bamberg und Bischberg, zieht Läufer, Wanderer und Radfahrer in seinen Bann. Der Gegenentwurf zum hektischen Getriebe auf den Straßen und in der Stadt. Scheinbar ewig, scheinbar unberührt.

Zu den Freunden des Michelsberger Waldes gehört auch der frühere Bamberger Erzbischof Karl Braun, dem die Lust am Wandern schon im Allgäu in die Wiege gelegt worden ist. Täglich sieht man den 82-Jährigen, wie er mit Walking-Stöcken unter Kiefern, Eichen und Buchen die Nähe zur Natur sucht: "Ich brauche die Bewegung. Und der Michelsberger Wald, das ist für mich auch die erfahrbare Nähe zu einem höheren Wesen und einer größeren Welt."

Der Wald ist eine Holzfabrik

Doch die Waldromantik und und die immer noch weit verbreitete Liebe zur grünen Urnatur ist nur die eine Seite, die die Beziehung vieler Bamberger zum Michelsberger Wald beschreibt. Und es ist gewiss nicht die beherrschende. Jeder sieht es an den Spuren, die die Vollerntemaschinen vor allem im Winter hinterlassen - von den abgefetzten Bäumen am Wegesrand bis zu den tiefen Reifenspuren in den Rückegassen reicht das verstörende Bild: Der Michelsberger Wald ist auch eine Holzfabrik, die sich bezahlt machen muss.

Heute mehr denn je. Seit 2005 die bayerischen Staatsforsten die Bewirtschaftung der 700.000 Hektar großen Staatswälder übernommen haben hat sich der Holzpreis im Schlepptau der Energiekosten mehr als verdoppelt. Das ist eine gute und eine schlechte Nachricht. Den Staatsforsten als Anstalt des öffentlichen Rechts bescherte der Preisanstieg 2012 einen Rekordgewinn von 84 Millionen Euro. Doch mit jedem Euro, den der Festmeterpreis nach oben klettert, wächst die Gier nach Holz als Energiequelle.

Berthold Schultheiß, der neue Revierförster im Michelsberger Wald, kennt die Folgen dieser Entwicklung nur zu gut. Von 270 Brennholz-Interessenten konnte er in diesem Winter nur 170 mit Holz bedienen. Alle anderen gingen leer aus. "Vor allem in den Dörfern ringsum sind manche seitdem nicht mehr gut auf den Forstbetrieb zu sprechen. Das geht so weit, dass man mich schon bedroht hat."

Wer mit Holz heizt, kann viel Geld sparen

Der Ansturm auf das Holz aus den Bamberger Wäldern erklärt sich durch einen einfachen Zahlenvergleich. Für den Festmeter Holz "frei Forststraße" verlangen die Staatsforsten zurzeit 64 Euro; unbearbeitet kostet der Festmeter 30 Euro. Wer die Bäume durch seinen Schornstein jagt, spart bares Geld. Beim Energiegehalt eines Festmeters Hartholz von rund 200 Litern Heizöl summiert sich der Unterschied auf viele hundert Euro im Jahr - vor allem bei schlecht isolierten Häusern.

"Der Druck, der auf dem Wald lastet, ist heute größer denn je", sagt Stephan Keilholz. Der Leiter des Staatsforstbetriebs Forchheim ist für den Ertrag zuständig, aber er muss auch dafür Sorge tragen, dass alle, die Ansprüche an den Wald stellen, zu ihrem im Waldgesetz verbrieften Recht kommen - vom Radfahrer bis zum Pilzsammler, vom Jäger bis zum Reiter.

Bambergs historisches Stadtbild wäre nur halb so schön ohne den Kranz der Wälder ringsherum. Spaziergänger, Jäger, Holznutzer bestimmen hier das Bild. Zum Beispiel im Michelsberger Wald. Mehr als noch vor 150 Jahren ist der ehemalige Klosterforst ein Rückzugsgebiet vieler Arten. Noch: Denn die hohen Holzpreise haben nicht nur Vorteile.

Keilholz fürchtet, dass der Artenschutz unter dem neuen Holzhunger leiden könnte. Das erklärte Ziel der Staatsforsten, im Interesse der Bodenqualität und zahlreicher Totholz bewohnender Arten, den Anteil von Biotopbäumen auf über 3,8 Festmeter pro Hektar anzuheben, stößt vielen Waldnutzern übel auf. "Wenn wir einen Baum ungenutzt stehen lassen, melden sich sofort Brennholzinteressenten, die ihn gerne hätten."

Historisch einmaliger Niedergang

Dabei lehrt der Blick zurück in die Geschichte des Michelsberger Waldes, wohin unbegrenzte Ausbeute führen. Der Forst, in dem neben dem ehemaligen Benediktinerkloster auch der Orden der Klarissen und das Bamberger Domkapitel Besitz hatte, in seinen heutigen Grenzen ein Relikt der Nacheiszeit, erlebte seit der Gründung des Bistums Bamberg einen historisch einmaligen Niedergang. Waldweide, Streunutzung, das Aussägen von Hopfenstangen und das Schneiteln der jungen Triebe führten über die Jahrhunderte dazu, dass der heutige Michelsberger Wald Mitte des 19. Jahrhunderts so verarmt war, dass an vielen Stellen Blößen im Waldkleid zu Tage traten.

Dieses Erbe aus einer dunklen und vor allem armen Epoche, in der den meisten Menschen kaum andere Energiequellen als Holz zur Verfügung standen, ist heute noch sichtbar. Der Anteil der anspruchslosen Lichtbaumart Kiefer, derzeit zwischen Bamberg und Bischberg bei 36 Prozent, erinnert an den Versuch, die verarmten Böden wiederaufzuforsten. Er ist geglückt, muss man sagen. Viele der einstigen Pioniere sind mittlerweile zu stattlichen Baumpersönlichkeiten herangewachsen.

Der Wald wird grüner und dunkler

Doch auch die Tage der Kieferndominanz im Michelsberger Wald sind gezählt. Der Wald wandelt sich sichtbar. Er wird grüner und auch dunkler. Durch die Bodenverbesserung erobert sich die Buche den Raum zurück, den sie von Natur aus besetzen würde. Forstexperten wie Alexander Schnell aus Bayreuth sehen das mit zwiespältigen Gefühlen. Einerseits fühlen sie sich bestätigt, auf dem natürlichen und damit richtigen Weg zu sein. Andererseits möchten sie die "Monokultur" auch einer angepassten Baumart vermeiden. Für den Forstbetrieb heißt das, vor allem jene Bestände um die noch vorhandenen jungen Eichen auszulichten,sodass auch diese eine Chance haben.

Den umgekehrten Weg beschreiten die Förster in einer von Nadelholz dominierten Waldabteilung unweit der sogenannten Metzgersmarter, einer Bildsäule, die an eine Bluttat im Jahre 1565 erinnert. Dort wachsen Tausende junger Tannen. Die in Franken selten gewordene Baumart mit den weichen Nadeln hat Asyl unter dem Schirm großer Fichten erhalten. Das soll auch so bleiben.

In der Aufnahme von Ronald Rinklef

Berthold Schultheiß, Alexander Schnell und Stephan Keilholz (v.l.) bewundern eine Starkeiche im Michelsberger Wald. Möglicherweise hat sie über 250 Jahre auf der Borke.

Quellenangabe: Fränkischer Tag / Bamberg / 23.01.2013/ Seite 7/ Autor Michael Wehner / Foto Ronald Rinklef

Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken