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Blieb der Naturschutz außen vor?
Blieb der Naturschutz außen vor?

12.07.2013

Der Bebauungsplan für das Brose-Grundstück ist beschlossene Sache – und ist es doch auch nicht. 13 Stadträte lassen die bereits getroffene Entscheidung überprüfen, weil sie fürchten, der Naturschutz könne nicht ausreichend berücksichtigt worden sein. Die Bauverwaltung betont: Sie will nichts unter den Teppich kehren.


Bamberg -
Ein Tagesordnungspunkt im Bausenat unter vielen: Bebaungsplanverfahren K 11. Was wie ein strohtrockener Verwaltungsvorgang aussieht, entpuppt sich als kommunalpolitischer Meilenstein: Die Stadt stellt innerhalb von nur neun Monaten die Weichen für die Ansiedlung des Brose-Konzerns auf dem Gelände an der Breitenau.

Das wäre beinahe anstandslos gelungen. Immerhin haben im Bausenat alle Stadträte ihren Segen dazu gegeben. Alle bis auf einen: Peter Gack. Der grüne Stadtrat monierte, dass die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde fehlte. Und er forderte, sie müsse nachgereicht werden, was bis heute nicht geschehen ist.

Dazu muss man wissen: Die Liste der Träger öffentlicher Belange, die zur Billigung eines Bebauungsplanes gehört werden müssen, ist lang. Auch im Fall des neuen Brose-Areals zwischen Memmelsdorfer Straße, Berliner Ring, Zeppelinstraße und Flugplatz, einer 80000 Quadratmeter großen Fläche. Jede Menge Institutionen wurden um ihre Einschätzung gebeten, darunter die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde, die Fernwärme Bamberg GmbH, der Deutsche Wetterdienst oder die Wehrbereichsvewaltung Süd, um nur vier zu nennen.

Unterlagen zu spät eingegangen
Warum ausgerechnet das Umweltamt nicht dabei war, wo doch bekannt ist, dass die rund um den Flugplatz bevorstehenden Veränderungen bei Naturschützern nicht nur auf Zustimmung stoßen, darüber gibt es verschiedene Versionen. Eine davon vertritt der städtische Umweltreferent Ralf Haupt in den Raum. Er begründet das Fehlen einer Stellungnahme damit, dass die Unterlagen zu spät eingegangen sind und deshalb nicht mehr berücksichtigt werden konnten.

Ein Fristverstoß? Doch wie konnte es zu einem Beschluss kommen – ohne Aufklärung? Und warum wurde die vermisste Bewertung nicht kurzfristig in den Stadtrat gegeben, wie es bei vergleichbaren Fällen geübte Praxis sein soll?

Für Peter Gack legen die Vorkommnisse den Verdacht nahe, man habe zugunsten der Brose-Ansiedlung ein Auge zugedrückt, obwohl es eine gesetzliche Verpflichtung des Bausenats zur Abwägung gebe. Sein Verdacht: „Hier sollte eine unbequeme Stellungnahme vor den Stadträten verborgen werden.“

Ein Verschleierungsmanöver der Verwaltung gegenüber dem Stadtrat, ein Präzedenzfall, wie Gack meint? Harte Vorwürfe. Doch so allein wie in der Bausenatssitzung ist der grüne Kommunalpolitiker mittlerweile nicht mehr: 13 Stadträtinnen und Stadträte aus zwei Fraktionen sowie einer Arbeitsgemeinschaft haben mittlerweile von ihrem Recht auf Rückholung eines bereits gefällten Beschlusses für die nächste Stadtratssitzung Gebrauch gemacht. Sie beantragen, den Sachverhalt erneut aufzurollen – ein Vorgang, den die Gemeindeordnung erlaubt, wenn sich mindestens zwölf Stadträte dafür aussprechen.

Glaubt man dem zuständigen Referenten Ralf Haupt, dann könnte man sich diesen zweiten Durchgang sparen. Denn es soll „nichts vertuscht oder verheimlicht werden“. Die Stellungnahme des Umweltamtes belege, dass der Naturschutz für die Brose-Ansiedlung eben nicht außen vor bleibe, wie gemutmaßt werde, sondern vorschriftsmäßig berücksichtigt werde. Laut Haupt werden als Ersatz für die überbaute Fläche von rund 50 000 Quadratmetern 16 300 Quadratmeter Naturfläche geschaffen. 12 000 Quadratmeter sollen sofort realisiert werden, die restlichen 4000 im Zuge neuer Baugenehmigungen. Dies könne aber Jahrzehnte auf sich warten lassen.

Sowa sieht Baugesetz tangiert
Ausgleichsflächen sofort oder möglicherweise erst in ferner Zukunft: Für jene, die der Stadt zumindest einen Verfahrensfehler vorwerfen, ist das ein entscheidender Unterschied. Es widerspreche den Vorgaben des Baugesetzes, wie es seit 1998 gilt, erklären Kritiker wie etwa die grüne Architektin Ursula Sowa. Ersatzflächen für den Naturschutz müssten bereits zum Beschluss des Bebauungsplanes flächenscharf festgelegt werden.

Dabei geht es nicht um abstrakte Zahlenhuberei. Grünflächen herzustellen, kostet Geld, und wenn der Platz auf dem Grundstück nicht ausreicht, müssen sie andernorts im Umfeld nachgewiesen werden. Dafür könnte ein Acker beispielsweise in eine hochwertige Grünfläche umgewandelt werden. „Die Belange des Naturschutzes in die Zukunft zu verschieben, wäre nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch juristisch leichtsinnig“, weiß Sowa (GAL). Denn ein Bebauungsplan, der mit formalen Fehlern zur Welt kam, könnte mit einer Klage leicht zu Fall gebracht werden.

Baureferent Michael Ilk ist allerdings weit davon entfernt zu befürchten, dass dies eintritt. Nach seiner Einschätzung ist es nicht mehr als eine Formalie, wenn der Stadtrat den Beschluss noch einmal aufrollt. „Der Geist dessen, was das Umweltamt fordert, war uns im Planungsamt schon vor der Sitzung bekannt. “

Was für seine Aussage spricht: Laut Ilk sollen die restlichen 4000 Quadratmeter Grünfläche nicht außerhalb der Fläche, sondern auf dem Brose-Grundstück entstehen, allerdings erst dann, wenn die Lage der Gebäude klar festgelegt ist. Andernorts im Rathaus hatte es bis vor kurzem noch geheißen, das Grundstück reiche für den Ausgleich nicht aus.

Hintergrund des Tauziehens um den Grüngürtel an der Breitenau: In gewissen Kreisen hält sich hartnäckig der Verdacht, für die Ansiedelung des Automobilzulieferers würden die Grenzen des Machbaren allzu großzügig ausgelotet. Außerdem hat sich die Stadt bei Bambergs Naturschützern zuletzt keine Freunde gemacht, als die von langer Hand von der Regierung betriebene Unterschutzstellung hochwertiger Flächen auf dem Flugplatz just in dem Moment auf Eis gelegt wurde, als die Amerikaner den Flugplatz aufgaben und Brose eine Verbreiterung der Landebahn forderte.

Dabei stellen sich Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz und die Naturforschende Gesellschaft Bamberg ausdrücklich nicht gegen neue Wirtschaftsansiedlungen oder auch das Brose-Kompetenzzentrum, wo langfristig einmal bis zu 1400 Beschäftigte arbeiten sollen.

Naturschützer wollen Garantien
Sie fordern allerdings Garantien für die wertvollen Sandmagerrasen auf dem Flugplatz: „Hier gibt es Flächen, die zu den artenreichsten Deutschlands gehören. Es kann nicht sein, dass sie zukünftigen Begehrlichkeiten schutzlos preisgegeben sind“, sagt der Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzende Heinz Jung.

Quellenangabe:
Fränkischer Tag / Bamberg / 12.07.2013 / Autor Michael Wehner

Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken