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Die nickende Distel
Bild zum Eintrag (24035-160)
Typische Bewohnerin alter Dörfer
Bild zum Eintrag (24036-160)
Blume des Jahres 2008
Zur

Blume des Jahres 2008

wurde die



Nickende Distel  (Carduus nutans)  




von der Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt


zum Schutze gefährdeter Pflanzen

ausgewählt.







Begründung:           Die Flora und Spontanvegetation der Dörfer war vor ca. 25 Jahren ein Schwerpunkt-Thema von Fachveröffentlichungen, Untersuchungen und Veranstaltungen, so gab es bereits 1981 ein internationales Symposium im Rheinischen Freilichtmuseum Kommern/Eifel zum Thema: Erhaltung gefährdeter dörflicher Pflanzengesellschaften und historischer Nutzpflanzenkulturen (vgl.  Schriftenreihe der Loki Schmidt Stiftung, Heft 3).

                                  Während in der Vergangenheit der ländliche Raum mit einer Vielzahl von unversiegelten Teillebensräumen und Strukturen zwischen Hof- und Gebäudebereich, entlang von Mauern und Hecken, auf Abfall-, Zwischenlager- und Restplätzen etc. geprägt war, hat heute die sog. Verstädterung auch das Dorf verändert und insbesondere versiegelte Flächen hinterlassen.

Mit der Nickenden Distel, eine Charakterart der sog. Dorfflora, soll das Thema noch einmal aktualisiert werden. Bis in die 80er Jahre waren ihre Bestände noch ausreichend vorhanden, inzwischen stufen drei Bundesländer (HH, SH, NS) die Art als gefährdet ein (Rote-Liste-Status: 3, vgl. aktuelle Abfragen, Bot. Verein zu Hamburg). Analysen über den regionalen Rückgang der dörflichen Biotope stellen nicht nur Einbuße bei der Vegetation, sondern immer auch bei der zugehöhrenden Fauna fest. Carduus nutans ist eine Pflanze der ausdauernden Ruderalfluren, welche insbesondere Insekten und Vögeln wichtige Lebensgrundlagen bieten. Somit ist die Nickende Distel Nahrungshabitat für Schmetterlingsraupen, Insektenlarven, sog. Körnerfresser, v.a. Finkenvögel wie Stieglitz (auch Distelfink genannt), Futterpflanze für Falterarten (Feuriger – und Großer Perlmuttfalter, Graubindiger Mohrenfalter, Apollofalter, Mattscheckiger Braundickkopffalter, u.a.), Bienen- und Hummelweide. Die Schwebfliegen sammeln die Pollen, die Ameisen werden über den süßen Duft angelockt.





Name:                      Carduus ist die römische Pflanzenbezeichnung für Distel. Ihr Zusatz ‚nutans’  bezieht sich auf den Habitus der nickenden Blütenstände. Carl von Linné nahm bereits 1758 die enge Beziehung zwischen Distel und Stieglitz wahr und bezeichnete den Vogel folglich als Fringilla carduelis.





Beschreibung:        Umgangssprachlich werden diverse Gattungen der Korbblütengewächse (Asteraceae) als Disteln bezeichnet: Ringdisteln (Carduus), aber auch Kratz-, Kugel-, Esels-, Marien- und Gänsedisteln. Zu der Gattung Carduus zählen 120 z.T. schwer zu unterscheidende Arten. In Mitteleuropa ist jedoch die Nickende Distel die häufigste Art. Mit ihren derbstacheligen Fiederblättern wirkt sie sehr wehrhaft, wird aber erst mit zunehmenden Alter vom Weidevieh gemieden. Die 30 – 100 cm  hoch werdende Zweijährige bildet im ersten Jahr nur eine Blattrosette und dannim zweiten Jahr reich blühende Pflanzenstiele mit hängenden, purpurfarbigen Blütenköpfen, welche süßlich duften. Blütezeit: Juli bis September, nach der Fruchtbildung stirbt die Pflanze ab.  Ihre flugfähigen Früchte fallen auf durch einen weißen, als Fallschirm wirkenden Haarkranz an der Spitze.





Herkunft:                 Allgemein verbreitet in Europa.





Standort:                 Wärmeliebend (thermophil), stickstoff-, auch kalkhaltige Böden werden bevorzugt. Oft an trockenen Standorten vor Mauern oder an Böschungen. Gerne in Ruderalsäumen entlang der Wegränder oder Heckenstrukturen. Die Spontanvegetation ist auf anthropogen stark beeinflusste Wuchsorte angewiesen, diese können auch Sekundärstandorte sein wie aufgelassene Steinbrüche, Kies- und Sandgruben (z.B. innerhalb des NSG Boberger Niederung), Bahnhöfe mit Gleisanlagen, Industriebrachen oder stillgelegte Hafenanlagen.





Verwendung:         •  auf allen vollsonnigen unversiegelten Restflächen,  Saumstrukturen, Brachen, welche in öffentlicher, halböffentlicher und privater Hand liegen*

• sonnig-trockene Restflächen im Privatgarten und vor Ihrer Haustür, an Hangböschungen,  entlang der Grundstücksgrenzen,  auf PKW-Stellplätzen, etc. *

* von Carduus nutans gibt es Samen zu kaufen (einzeln oder in Gras-Kräuter-Mischungen,  oder sie sind in kleinen Portionen auch bei der Loki Schmidt Stiftung gegen Spende zu bekommen



Rede zur Vorstellung der Blume des Jahres 2008 durch Loki Schmidt



Am 11.Okt. 2007 im Info- Haus Boberger Niederung





Meine Damen und Herren,



Sie müssen sich heute zuerst eine kleine Geschichte anhören, die zu der Blume des Jahres 2008 gehört.

Bisher haben wir von der Stiftung mit jeder Blume des Jahres einen bedrohten Lebensraum in unserem Land vorgestellt. Das waren vor allem Moore, Trockenrasen und unterschiedliche Feuchtwiesen.

Die Blume des Jahres 2008 gehört in eine Pflanzengesellschaft, die es in Deutschland mehrere tausend Jahre gab, die aber inzwischen so gut wie verschwunden ist. Es ist die dörfliche Unkrautflora. Das ist eine Pflanzengesellschaft, die sich den besonderen Lebensbedingungen in menschlichen Dörfern und Siedlungen angepasst hatte. Aber wie haben sich die Lebensbedingungen – auch für Pflanzen – in den Dörfern in den letzten 50 Jahren nach dem Ende des Krieges verändert! Hofplätze und Wege sind asphaltiert oder gepflastert. Hühner, Enten, Gänse und Schweine laufen nicht mehr frei auf der Straße herum. Es gibt kaum noch Misthaufen. Dadurch werden die Wege und die unmittelbare Umgebung der Häuser und Ställe nicht mehr mit stickstoffhaltigem Dünger versorgt. Stattdessen hieß es schon in den 50er, 60er Jahren: „Unser Dorf soll schöner werden.“

Die Unkrautflora – manche Pflanze wurde früher als Heilkraut benutzt – verschwand. Leider auch manche alte Gartenpflanze. Stattdessen gab es um die Bauernhäuser Rosenbeete und Rasen. Hier ist allerdings in den letzten Jahren ein Wandel eingetreten. Alte Gartenanlagen mit Pflanzen, die früher zu einem Bauerngarten gehörten, sieht man inzwischen auch wieder in Städtischen Gärten. Die alte dörfliche Unkrautflora aber bleibt verschwunden. Keine Landwirtsfamilie möchte mehr mit den hygienischen Verhältnissen von vor über 100 Jahren leben. Nur in Museumsdörfern kann die interessante Dorfflora, die ja ein Teil unserer Geschichte ist, heute – mit etwas Mühe – weiterhin kultiviert und damit erhalten werden.

Es gibt inzwischen in fast allen europäischen Ländern – auch in Osteuropa – Museumsdörfer, die nicht nur alte Bauernhäuser, Ställe, Speicher und Misthaufen bewahren, sondern auch die dazugehörige Flora. Etwas abseits von Häusern und Ställen gab es früher am Rande der Siedlungen etwas trockenere Flächen, Schuttplätze und Wegränder. Wo es diese noch gibt, findet man auf kalkigem Untergrund die „Nickende Distel“, Carduus nutans, die die Stiftung zur Blume des Jahres 2008 erwählt hat.

Die „Nickende Distel“ ist zweijährig. Im ersten Jahr wächst nur eine Rosette von buchtig gezähnten bis fiederspaltigen Blättern mit starken Dornspitzen. Im nächsten Jahr erhebt sich aus der Mitte der Blütenstand, der über 1m hoch werden kann. An der Spitze des oben filzigen oder spinnwebig überzogenen Stengels sitzt nur eine nickende Blüte von etwa 3cm Durchmesser. Die Blütenblätter sind purpurrot. Die grünen Hüllblätter sind lang dornspitzig und meist zurückgebogen und umrahmen den roten Blütenkopf sehr dekorativ. Die Blüten duften moschusähnlich. Daher wurden die Pflanzen früher auch Bisam-Distel genannt.

Die „Nickende Distel“ ist als Pflanze in Gärtnereien wohl kaum zu finden. Wer diese besonders ansehnliche Distel, die im Sommer auch viele Insekten und Schmetterlinge anzieht, in seinem Garten haben möchte, könnte sich für Samen an ein Museumsdorf in der Nähe oder an die Stiftung wenden.

Quellenangabe Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt

Artikel in autorisierter Abstimmung mit allen am Projekt beteiligten Instititionen.

Für die hier gelistetetn Darstellungen tragen die Autoren die Verantwortung.