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Blume des Jahres 2009
Bild zum Eintrag (24041-160)
Die gemeine Wegwarte macht dem Namen alle Ehre, wobei die Pflanze würde sie heute beschrieben, sicher mehr in Richtung "Straßenwarte" benannt worden wäre.
Die Wegwarte wurde zur Blume des Jahres 09 gewählt.
Bild zum Eintrag (24043-160)
Blume des Jahres 2009
Von der Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt wurde zur Blume des Jahres 2009

die Wegwarte (Cichorium intybus)

ausgewählt.


Wie 2008 möchte die Loki Schmidt Stiftung auch für das Jahr 2009 noch einmal mit einer Charakterart, der Gemeinen Wegwarte (Cichorium intybus), auf den gefährdeten Lebensraum der Spontanvegetation aufmerksam machen. Hamburg und Niedersachsen stufen die Wegwarte als gefährdet ein (1998: Rote-Liste-Status 3), in weiteren Bundesländern befindet sie sich auf der sog. Vorwarnliste. Der regionale Rückgang betrifft immer auch die entsprechend angepasste Fauna, insbesondere Bestäuberarten wie Bienen, Hummeln und Schwebfliegen, aber auch die sog. Körnerfresser unter den Vögeln (v.a. Finkenvögel wie Stieglitze). Allerorts fehlt es an unversiegelter Fläche, die früher im ländlichen Raum ausreichend zu finden war: insbesondere bunte Saumstrukturen im Hofbereich, entlang von Mauern, Hecken und Wegen prägten das Dorfbild.
Darüber hinaus bereicherten die sich spontan ansiedelnden Arten den regionalen Speisezettel und begründeten die Zucht der historischen Nutzpflanzenkulturen (vgl. Schriftenreihe der Loki Schmidt Stiftung, Heft 3). Auch hierfür liefert die Wegwarte ein anschauliches Beispiel.



Name:

Die besondere Blütenfarbe der hoch wachsenden Wegwarte, ein weit leuchtendes Hellblau-Violett war Anlass von diversen Benennungen (u.a. Hansl am Weg, Wegeleuchte) und vieler Legenden und Mythen (so soll sie u. a. in Novalis Roman die berühmte "Blaue Blume", das Symbol der Romantik verkörpern) Die Gattung Cichorium mit acht Arten ein- und mehrjähriger Pflanzen aus Europa, Westasien und Nordafrika ist eng mit dem Lattich verwandt; beide Korbblütler besitzen die typischen löwenzahnähnlichen Blüten und zungenförmigen Blätter und scheiden bei Blattverletzungen Milchsaft aus. Die Gemeine Wegwarte ist zweijährig, d.h. im ersten Jahr bildet sie nur eine bodennahe Rosette aus um im zweiten Jahr, stark verzweigt und in einer Höhe bis zu 1,20 m zwischen Juli und Oktober zu erblühen. Ihre blauen Blüten folgen dabei dem Sonnenverlauf und schließen sich bereits am Nachmittag.

Standort:

Warme, vollsonnige Standorte, trockene Lehmböden, leicht alkalisch werden bevorzugt. Gerne an Mauern und Böschungen, innerhalb von Wegsäumen oder anderen anthropogen stark beeinflussten Wuchsorten, Sekundärstandorte wie aufgelassene Kalksteinbrüche, Lehm- und Mergelgruben, Bahnhöfe mit Gleisanlagen, Industriebrachen oder stillgelegte Hafenanlagen.

Nutzungskultur :

Blüten, Blätter und insbesondere die Wurzeln dienten schon im Altertum den Griechen und Römern als Heilpflanze und Gemüse. Der Inhaltsstoff Inulin regt den Gallenfluss an und senkt den Harnsäurewert. Karl der Große soll in seiner Landgüterverordnung (Capitulare de villis, 812 n.Chr.) auch die Wegwarte als Nutzpflanze und Heilkraut eingefordert haben. Später förderte Friedrich der Große den Anbau der Wurzelzichorie, die im 18. und 19. Jahrhundert die wirtschaftlich wichtigste Form der Zichorienkultur wurde.
Bis heute werden die besonders auf Größe hin gezüchteten Wurzeln nach Rösten und Mahlen als Kaffee-Ersatz (sog. "Muckefuck") verwendet.
Zusätzlich wurden zwei weitere Cichorium-Arten in europäischen Gärten des 18. und 19. Jahrhunderts kultiviert: die Salatpflanzen Radicchio, Chicoree und Endivien.
Aktuell droht auch alten Kultursorten inklusive deren Genpotential das Aus. Täglich gehen wertvolle und bewährte Lokalsorten unwiederbringlich verloren, welche nicht im Brüsseler Sortenverzeichnis erfasst sind. Vereine und Organisationen bemühen sich bundesweit um den Erhalt der Vielfalt von historischen Kultur- und Nutzpflanzen, u.a. sind dies:
Verein Arche Noah Gesellschaft zur Erhaltung und Verbreiterung der Kulturpflanzenvielfalt
Dreschflegel - ein Zusammenschluss kontrolliert ökologisch wirtschaftender Betriebe
VEN - Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt e.V.

Verwendung:

Auf allen vollsonnigen unversiegelten Restflächen, Saumstrukturen, Brachen, welche in öffentlicher, halböffentlicher und privater Hand liegen. In Privatgarten und vor Ihrer Haustür: an Hangböschungen, entlang der Grundstücksgrenzen, auf den PKW-Stellplätzen, etc.

Von Cichorium intybus gibt es Samen zu kaufen (in Ansaat-Mischungen u.a. bei www.rieger-hofmann.de) oder in kleinen Portionen bei der Loki Schmidt Stiftung gegen Spende.

Rede von Loki Schmidt zur Blume des Jahres 2009

Vorgetragen von Dr. Eberhard Schürmann

Meine Damen und Herren,
Zur "Blume des Jahres 2009" hat die "Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt zum Schutze gefährdeter Pflanzen" die Wegwarte (Cichorium intybus) ausgewählt. Sie bevorzugt einen ähnlichen Lebensraum wie die Nickende Distel, die Blume des Jahres 2008.
Die Wegwarte ist aber häufiger zu finden, sie wächst an Weg- und Ackerrändern und auf bäuerlichen Schuttplätzen. Mich hat schon als Kind diese Pflanze fasziniert, deren strahlend blaue Blüten sich morgens öffnen, aber am frühen Nachmittag "schlafen gehen".

Die Wegwarte gehört zu der Pflanzenfamilie der Korbblütler (Compositen). Sie kann bis 120 cm hoch werden. Der Stengel ist recht verzweigt. Die dunkelgrünen, etwas rauhaarigen Blätter sind am Grund etwas fiederspaltig, die mittleren und obenstehenden Blätter sind aber fast ganzrandig.

Im Juli beginnt die Wegwarte mit vielen Körbchenblüten an zu blühen. Die Blüten haben - anders als z.B. die Sonnenblumen, nur Zungenblüten. Sie öffnen sich nur an hellen Tagen oder bei Sonne. Gegen 15 Uhr schließen sich dann die Körbchen wieder.

Die Wegwarte ist eine alte Kulturpflanze, sowohl Heil- als auch Gemüsepflanze. Schon im 17. Jahrhundert pflanzte man eine Sorte ihres Wurzelstockes wegen an. Dieser ergab geröstet eine vielgebrauchte Beimischung zum Bohnenkaffee, die Zichorie oder Zichorienkaffee. Noch zu meiner Kinderzeit in den 20er Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es in den Läden sogenanntes "Kaffeegewürz", das dem teuren Bohnenkaffee Farbe und Geschmack verlieh.

In einer alten Flora von Deutschland von 1906 ist zu lesen, daß aus der Wurzel der Wegwarte oder Zichorie ein vielgebrauchtes Kaffeesurrogat hergestellt wird. Damalige Anbauflächen in Deutschland bedeckten 10.000 ha Ackerland. Sie befanden sich im Regierungsbezirk Magdeburg, in Württemberg und Baden, in Mannheim und sogar noch nördlich in Braunschweig und Aurich.

Inzwischen werden aber längst auch blattreiche Varianten der Wegwarte kultiviert. Ähnlich wie beim Spargel wachsen die Pflanzen in "Anhäufelungskultur", d.h. der austreibende Pflanzensproß wird immer wieder mit Erde bedeckt. Dadurch bleibt er zart und hat eine gelbliche Farbe. Wir kaufen dieses Gemüse seit ungefähr 70 Jahren bei uns unter dem Namen Chicoree, Endivie oder Radicchio. Außerdem wird auch immer noch die Wurzelzichorie als Kaffeezusatz angebaut.

Wer die Pflanze des Jahres 2009 mit dem einfühlsamen deutschen Namen "Wegwarte" in seinem Garten haben möchte, kann sich an die Stiftung wenden und ein Samentütchen gegen eine kleine Spende bestellen

Qellenangabe / mit freundlicher Genehmigung durch Stiftung Naturschutz Hamburg und Stiftung Loki Schmidt

Für die hier gelistete Darstellung tragen die jeweiligen Autoren die verantwortung