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Gefährliche Ausländer in den Gewässern 27.07.2011
Gefährliche Ausländer in den Gewässern

27.07.2011

Signal- und der Kamberkrebse, die aus Amerika eingeführt wurden und die Krebspest mitgebracht haben, tauchen immer häufiger bei uns auf und bedrohen die heimische Spezies. Auch im Main wurden sie schon gesichtet

Kulmbach - Waschbären in Fürth, Flamingos am Rhein und Ambrosia-Pflanzen im heimischen Garten: In Deutschlands Flora und Fauna herrscht Multi-Kulti. Auch vor den Toren Kulmbachs treiben Neuankömmlinge ihr Unwesen, dort lauert eine Gefahr. Zwei amerikanische Krebsarten tummeln sich in oberfränkischen Gewässern: der Kamberkrebs und der Signalkrebs, Überträger der gefürchteten Krebspest, einer Fadenpilzerkrankung.

Einer, der die Schalentiere bestens kennt, ist Robert Klupp, seines Zeichens Fischereisachverständiger für Oberfranken. Er weiß, dass mit den tierischen Ausländern nicht zu spaßen ist: „Trifft ein infizierter Signalkrebs auf einen einheimischen Edelkrebs, dann ist der gesamte Bestand komplett vernichtet.“


Gegen Erreger restistent

Warum das so ist? Der Experte kennt die Antwort: „Weil die Tiere aus Nordamerika im Verlauf der Evolution resistent gegen den Erreger der Krankheit geworden sind.“ Mit fatalen Folgen: Einheimische Arten, wie der Edel- und der Steinkrebs, müssen immer mehr ums Überleben kämpfen. Und der Mensch? „Er hat nur begrenzte Möglichkeiten einzugreifen und Artenschutz zu betreiben“, so der Agrarbiologe.

Das Problem mit den Schalentieren ist wie bei so vielen Neubürgern im Tierreich, im Fachjargon Neozoen genannt, menschengemacht. Als einige wenige nach Europa eingeschleppte Kamberkrebse in Skandinavien die heimischen Krebspopulationen durch die Pest stark dezimiert hatten, stand man im Norden Europas plötzlich ohne Schalentiere da. Was machten die Nordländer, die leidenschaftliche Krebsesser sind? „Sie importierten amerikanische Signalkrebse, die sich im Lauf der Zeit immer weiter nach Süden ausbreiteten“, so Robert Klupp, demzufolge die Tiere Ende der siebziger Jahre zum ersten Mal in Oberfranken auftauchten.

Im Bereich der Itz unterhalb von Coburg, in der Pegnitz und im Ailsbach in der Fränkischen Schweiz haben sich die unangemeldeten Besucher zu einer wahren Plage entwickelt. Klupp schätzt ihre Zahl auf mehrere Hunderttausend. Signalkrebse seien eben sehr vermehrungsfreudige Tiere.


Biologisches Rätsel

Auch der Kamberkrebs kommt dem Landkreis Kulmbach immer näher. Er lebt im Main von Unterfranken kommend bis nach Altenkunstadt, wo die Weismain in den großen Fluss einmündet. Diese Grenze überschreitet der Eindringling aus den USA bislang noch nicht. Warum das so ist, stellt den 63-jährigen Fischereisachverständigen vor ein biologisches Rätsel: „Ich weiß es nicht.“

Die Gewässer im Landkreis Kulmbach sind, abgesehen von der Schorgast und dem Koserbach bei Hermes, wo einige Edelkrebse leben, frei von Krebsen. Das bestätigt Gerd Suske, Gewässerwart beim Bezirksfischereiverein Kulmbach: „Bei mir hat noch kein Krebs angebissen, weder eine heimische noch eine ausländische Spezies. Auch beim Elektrofischen, bei dem die Wasserbewohner mit Hilfe von Strom betäubt werden, wurde noch kein Schalentier entdeckt.“

Als Gewässerwart ist Suske für die Baggerseen bei Waldau und rund um den Oberauhof, für Teile des Roten und Weißen Mains sowie des Mains zuständig. Seinem Kenntnisstand nach sind derzeit alle stehenden und fließenden Gewässer, die vom Bezirksfischereiverein Kulmbach betreut werden, frei von einheimischen und fremden Arten. „Allerdings kann ich nicht ganz ausschließen, dass auf dem Grund der Flüsse und Seen nicht doch der eine oder andere Krebs lebt“, ergänzt der Kulmbacher.

Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste. Das sehen auch Gerd Suske und Robert Klupp so. Durch seine vielen kalten Oberlaufgewässer sei der Kulmbacher Raum zwar sicherer vor den eingeschleppten Arten als manch anderer Landkreis. Aber so Klupp: „Was passiert, wenn aufgrund der Klimaveränderung plötzlich die Wassertemperatur ansteigt?“ Er könne keine Garantie geben, dass im nächsten Jahrzehnt nicht doch noch Signalkrebse in den Landkreis einwandern. Auch Gerd Suske kann sich vorstellen, dass durch Hochwasser die fremdländischen Krebse nach Kulmbach gelangen.

Ein weiteres Problem: Aus falsch verstandener Tierliebe werden amerikanische Krebse aus Zoogeschäften und kleinen Teichen in heimischen Gewässern ausgesetzt. „Das ist wegen der Verbreitung der Krebspest verboten“, stellen Klupp und Suske klar.


Vermarktung als Delikatesse

Wie wird versucht, die Eindringlinge abzuwehren? Beim Bezirksfischereiverein in Kulmbach wird nach Auskunft von Suske strengstens darauf geachtet, dass bei den Fischen, die von Züchtern geliefert werden, kein Krebs dabei ist. Durch die Vermarktung der Signalkrebse als Delikatesse und durch das gezielte Aussetzen von Raubfischen wolle der Bezirk die Vermehrung stoppen.

Tragen die Bemühungen Früchte? „Nur minimal, da die Vermehrung der Krebse enorm ist“, erläutert Robert Klupp. Bei der Vermarktung müsse noch viel geschehen. Der Fachmann bedauert, dass nur sehr wenige Restaurants in Oberfranken den Signalkrebs („Er schmeckt vorzüglich“) auf der Speisekarten haben. Im Landkreis sei ihm keine Gaststätte bekannt, in der man Krebse essen könne.


Globalisierung in der Tierwelt

Für den Agrarbiologen sind die beiden amerikanischen Arten ein „drastisches und anschauliches Beispiel“ für die immer größer werdende Anzahl an Neozoen: „Man muss das hinnehmen. Das ist die Globalisierung in der Tierwelt. Wir müssen uns mit diesen Neubürgern arrangieren.“




Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.

Artenschutz im Steigerwald

Quellenangabe: Fränkischer Tag / BAmberg / Kulmbach / Autor: Stephan Stöckel/ 27.07.2011 / www.infranken.de