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Auf dem Holzweg
Auf dem Holzweg

17.05.2012

Von Thüringen nach Unterfranken, auf dem Wasser nach Österreich und von dort in die ganze Welt: Die lange Reise von heimischen Buchen, aus denen Kleidung gemacht und sogar Süßstoff gewonnen wird.

Der Zeiler Hafen spielt eine wichtige Rolle.

Zeil
- Womöglich haben Sie schon einmal auf einer heimischen Buche herumgekaut. Im entferntesten Sinne, versteht sich: Aus dem Holz wird Xylose gewonnen, eine Zuckerart, aus der der Zuckeraustauschstoff Xylit hergestellt wird. „Der wird dann in der Nahrungsmittelindustrie verwendet“, erklärt Klaus Vallaster. Wegen der karieshemmenden Wirkung von Xylit findet man den Süßstoff zum Beispiel in sogenannten Zahnpflege-Kaugummis.

Klaus Vallaster ist Diplom-Forstwirt und weiß das, weil er für die österreichische Firma Lenzing Buchenholz aus Deutschland einkauft. Die Baumstämme machen auf ihrem Weg dorthin einen Zwischenstopp in Zeil: Am Hafen werden sie auf Schiffe geladen, über Main, Main-Donau-Kanal, Donau und Enns geht’s nach Oberösterreich, am Schluss noch ein Stück mit der Eisenbahn in die Stadt Lenzing, wo der Sitz des gleichnamigen Unternehmens ist.

Die Österreicher verarbeiten das Holz zu Zellstoff, als Nebenprodukte entstehen unter anderem der besagte Zucker und auch Essigsäure – letztere landet zum Beispiel in Einmachgläsern zusammen mit Gurken oder Zwiebeln. „Man glaubt manchmal gar nicht, was aus so einem Baumstamm alles werden kann“, sagt Vallaster, der von der fast lückenlosen Verwertungskette beeindruckt ist.


Lenzing setzt auf Bio-Fashion

Der Diplom-Forstwirt hat die jüngste Ladung, die am Zeiler Hafen verladen wurde, im thüringischen Neuhaus gekauft. Er ist zuständig für den nordbayerischen Bereich, beschafft für die Österreicher auch Holz aus Thüringen und Hessen. Aus der unterfränkischen Region waren auch schon Stämme dabei, etwa aus der Rotenhan'schen Forstverwaltung. „Wir kaufen von Staats- und Privatwäldern“, sagt Vallaster. Wichtig sei dabei nur eins: „Die Buchen müssen PEFC-zertifiziert sein.“ Das heißt, sie müssen aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft stammen. PEFC steht für „Programme for Endorsement of Forest Certification Schemes“, zu Deutsch „Zertifizierungssystem für nachhaltige Waldbewirtschaftung“.

Das sei seinem Auftraggeber wichtig, denn der setzt bei der Vermarktung seiner Produkte auf das Umweltbewusstsein bei den Verbrauchern. Bio-Fashion-Trend nenne sich das in der Textilwirtschaft. Naturprodukte wie Viscosefasern aus Buche verkaufen sich laut Vallaster derzeit gut. „Das hängt auch mit dem schlechten Image der Baumwolle zusammen“, erklärt er. Hoher Einsatz von Pestitziden, Dünger und Stickstoff gebe es bei PEFC-zertifizierter Forstwirtschaft nicht. Und es sei auch keine Plantagenwirtschaft.
Die Bäume, die jetzt in Zeil verladen wurden, lassen sich genau zurückverfolgen. Geerntet wurden sie bei einer Durchforstung des Forstamts Neuhaus, sie sind etwa 40 bis 60 Jahre alt.

„Man nimmt die schlechten Bäume raus“, sagt Vallaster. Schlecht heißt hier aber nicht krank oder schwach. Gemeint ist die krumme Stammform, was die Stämme ungeeignet macht etwa für die Möbelherstellung. Dafür kämen sie sowieso erst Jahrzehnte später in Frage, wenn sie eine gewisse Breite erreicht haben, doch aus den schief gewachsenen Bäumen wird kein Wohnzimmerschrank mehr.


Natürlicher Prozess

In den heimischen Buchenwäldern, erklärt Vallaster, gebe es durch die wilde Verteilung der Samen zigtausende Buchen, „die sich aber nach und nach auf einige hundert reduzieren würden“, denn für alle ist im Wald kein Platz.

Eine Vielzahl an Bäume stirbt. Da sie dann aber keinen Nutzen hätten, unterbricht man den natürlichen Prozess und durchforstet den Wald. Werden dabei Nährstoffe aus dem Wald genommen? Kaum, versichert Vallaster: „90 Prozent der Nährstoffe befinden sich im Ast- und Blattmaterial und das bleibt alles im Wald.“
Was wird nun aus den krummen Buchen? Bei der Lenzing AG wird daraus Zellstoff gewonnen.

Dazu wird das Holz entrindet, in Hackschnitzel zerkleinert und mit Chemikalien gekocht. Aus dem sich dabei abspaltendem Zellstoff stellt das Unternehmen verschiedene Fasern her, die zu großen Teilen in der Textil- oder Vliesstoffindustrie (zum Beispiel Kosmetiktücher) weiterverarbeitet werden. Weitläufig bekannt ist etwa die Marke Modal, eine Faser, die ausschließlich auf Basis von Buchenholzzellstoff hergestellt wird. Lenzings Fasern werden von Textilherstellern auf der ganzen Welt verwendet.

So entstehen daraus Kleidungsstücke wie Pullover, Jacken, Socken und Unterwäsche. Aber auch Windeln, Tampons und Damenbinden werden – wegen der enormen Saugfähigkeit der aus dem Rohstoff Zellstoff gefertigten Cellulosefasern – daraus gemacht.

250000 Tonnen Faser produzierte das Unternehmen im Jahr 2011 am Standort in Lenzing, sagt Angelika Guldt, Leiterin der Konzernkommunikation. Dafür benötigt man 289 000 Tonnen Zellstoff. Bei der Verarbeitung eines Baumstammes werden etwa 40 Prozent Zellstoff gewonnen. Zehn Prozent werden in Form von Nebenprodukten wie Xylose, Essigsäure und Furfural (ein Öl) verwertet. Mit dem restlichen Baummaterial beheizt Lenzing ein eigenes Kraftwerk, das wiederum Energie für die Faserproduktion liefert.

Wer durch die heimischen Buchenwälder spaziert, vermutet dahinter kaum eine solch große Wertschöpfungskette. Auch Günther Bier, Leiter der Hafen Zeil GmbH, ist beeindruckt. „Wer denkt das schon. Dass aber Kleidung daraus wird, dass vermuten wohl die wenigsten“, sagt er. Seinen Hafen werden dieses Jahr rund 10000 Festmeter Buchenholz durchlaufen, das entspricht etwa 10000 Tonnen Gewicht. Nur ein Bruchteil von dem, was Lenzing in seiner Produktion verarbeitet, aber dennoch: Für die heimische Wirtschaft ist es gut.




Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hassberge / 16.05.2012 / Autor Andreas Lösch


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken