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Landkreis dreht am (Wind-)Rad
Landkreis dreht am (Wind-)Rad

20/21.01.2012

Inzwischen liegen gleich mehrere Kartenwerke vor,die zeigen, wo in der Region sich die Rotoren drehen könnten. Die Aussagen darin sind widersprüchlich. Aber trotzdem helfen sie den Gemeinden bei der Entscheidungsfindung. 20 bis 30 Windräder könnten gebaut werden.

Kreis Haßberge -
Woher weht der Wind? Diese Frage, die man relativ leicht beantworten kann, indem man den Zeigefinger in die Höhe streckt, wird in größerem Maßstab zu einem entsprechend größeren Problem. Zumal dann, wenn die allerorten in die Höhe gereckten Zeigefinger gänzlich unterschiedliche Antworten auf die Frage geben, woher er weht, der Wind.

Für die Windkraft-Planung im Landkreis Haßberge gibt es inzwischen ungefähr ein halbes Dutzend Zeigefinger. Das sind zum einen die beiden Wind-Karten des regionalen Planungsverbandes, eine ganz alte und eine neue, die inzwischen auch schon wieder veraltet ist.

Dann gibt es ein Gutachten des Tüv Süd, das die Energiegesellschaft GUT des Landkreises Haßberge (Gesellschaft zur Umsetzung erneuerbarer Technologien-Projekte) in Auftrag gegeben hat. Eine Reihe eigener Gutachten der Gemeinden, meist auch vom Tüv. Und schließlich und nicht zuletzt als die im Großen und Ganzen unbrauchbare Grundlage all dieser Entwürfe den „Windatlas Bayern“, der noch aus einer Zeit stammt, als der Freistaat stramm zur Atomkraft stand und Windräder am liebsten komplett vom weiß-blauen Himmel verbannt hätte.

Rechnen, nicht messen

Zu alldem muss man erst einmal wissen, dass bei der Erstellung eines Windgutachtens, genauer: eines Gutachtens zur „Windhöffigkeit“ (ein Wort, das erst 2009 Eingang in den Duden fand), niemand mit dem erhobenen Zeigefinger durch die Gegend läuft. Die Grundlage der Windgutachten sind theoretische Berechnungen, keine Messungen in freier Wildbahn.

„Die wären unverhältnismäßig aufwendig“, erklärt ein Experte beim Tüv, warum drinnen am warmen Schreibtisch und nicht draußen in der windigen Landschaft geplant wird: Um ein präzises Bild der Windhöffigkeit, also der zu erwartenden Windstärke und -häufigkeit in der Natur zu ermitteln, müsste man mindestens ein Jahr lang an zahlreichen Punkten und in verschiedenen Höhen den Wind messen. „Wesentlich aussagekräftiger als die Berechnungen wären die gemessenen Daten nicht“, meint der Fachmann.

Im Landkreis Haßberge tun sich die Windrechner zudem besonders leicht: Hier (Theres/Buch und Untermerzbach) sowie direkt an der Landkreisgrenze (Waldsachsen) stehen zum Teil seit mehr als 15 Jahren Windräder. „Der Abgleich des Windertrags mit den theoretisch ermittelten Werten hilft dabei, die Berechnungen zu präzisieren“, sagt der Experte.

Warum sehen die beiden Windkarten, die des Tüv und die des Planungsverbandes, so vollkommen anders aus? Die Erklärung ist einfach: Die Regionalplaner nutzten zum einen die veralteten und sehr grobmaschigen Daten aus dem Bayerischen Windatlas, zum zweiten lag der Schwerpunkt der Windplanung auf der „Konfliktvermeidung“, wie aus der Regionalplanungsstelle in Würzburg verlautet.

Sprich: Die Wind-Flächen wurden weit abgerückt von den Siedlungen und anderen „Tabuzonen“ wie Naturschutzgebieten, der Windertrag ist im Regionalplan zweitrangig. Der Tüv ging den umgekehrten Weg: Er ermittelte die Flächen mit dem maximalen Ertrag.

Widersprüche

Machen die Widersprüche zwischen den beiden Kartenwerken die Windplanung für die Gemeinden nun schwerer oder leichter? Letzteres ist der Fall, sagt etwa der Bundorfer Bürgermeister Hubert Endres (Freie Wähler): Im Regionalplan war seine Gemeinde noch von bis zu 60 Windrädern regelrecht umzingelt. „Selbst in den Tälern, wo noch nie ein Windhauch wehte, waren Windräder vorgesehen“, sagt er. Die Tüv-Karte dünnt die Zahl der möglichen Standorte spürbar aus.

Ähnlich ist es in Theres, wo rund um Buch eine der größten Windflächen überhaupt vorgesehen war. Auch diesen Windpark hat der Tüv geschrumpft, was der Bürgermeister Matthias Schneider (CSU) mit Blick auf den sich formierenden Bürgerprotest erleichtert registriert.

Andere Konflikte freilich sind geblieben, etwa im Steigerwald. In der Regionalplanung noch ein weißer Fleck, hat der Tüv wenig überraschend auf den Höhen des Steigerwaldes Plätze gefunden, auf denen der Wind bläst. Die liegen aber, ebenso wenig überraschend, meist in Gebieten, wo der Naturschutz Vorrang hat.

Der Rauhenebracher Bürgermeister Oskar Ebert (Freie Wähler), zugleich Kreisvorsitzender des Gemeindetags, hat sogar ein eigenes Tüv-Gutachten für seine Gemeinde erstellen lassen und sieht sich jetzt vor der schwierigen Aufgabe, einen gordischen Knoten lösen zum müssen: „Da, wo wir dürfen, weht kein Wind, und wo der Wind weht, dürfen wir nicht.“

Dabei hilft dem Freie-Wähler-Bürgermeister ausgerechnet die Staatsregierung: Beim jüngsten Runden Tisch zur Energiewende haben sich die Minister darauf verständigt, den Bau von Windkraftanlagen zu vereinfachen und zu beschleunigen. Die für den Steigerwald (und auch die Haßberge) wichtigste Änderung: Naturparke sind nicht mehr tabu. Das eröffnet in Rauhenebrach und Knetzgau neue Perspektiven, aber auch in Hofheim oder Kirchlauter.

Dementsprechend werden überall in den 26 Landkreis-Gemeinden eifrig die Finger in die Höhe gereckt. Nicht um zu ergründen, woher der Wind weht, sondern um „Bedarf“ anzumelden, wenn auf der Grundlage des Tüv-Gutachten und der Stellungnahmen aus den Gemeinden der Regionalplan zum dritten Mal überarbeitet wird.

Frühestens 2013 können die Gemeinden oder die Landkreis-Gesellschaft GUT mit dem Kraftwerksbau beginnen. 20 bis 30 Windkraftanlagen, so schätzt der Hofheimer Bürgermeister Wolfgang Borst (CSU), können auf der Grundlage der neuen Pläne im Landkreis aufgestellt werden. 26 wären optimal. Denn man kann mit dem einen Zeigefinger am anderen abzählen, dass jede Gemeinde wenigstens eines davon haben möchte ...

Quellenangabe: Fränksciher Tag / Hassberge / 19.01.2012 / Autor Günter Flegel


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken