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Erhaltung von Rebhühnern 2011
Gegen den leisen Abschied
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Gegen den leisen Abschied

01.10.2011

Rebhühner fühlen sich in Franken schon länger nicht mehr wohl.Die scheuen Tiere bewohnten einst zahlreich Felder und Wiesen. Doch mittlerweile gibt es für sie zu wenig Verstecke und Nahrung.Klaus Wolfrum ist dabei dies zu ändern - zumindest im Landkreis Hof.

Nervös hetzen sie von einer Ecke zur anderen. Immer wieder probiert eines, schnell aufzufliegen. Am Maschendrahtzaun endet der Fluchtversuch, die Voliere erlaubt kein Entkommen – noch nicht.
Für einen kleinen Moment stutzen die 15 Tiere, als Klaus Wolfrum langsam die Holzklappe öffnet. Still ist es. Keines wagt sein schnarrendes „Kierreck“.

Mit hellwachen Augen und gestreckten Hälsen stehen sie da. Dann geht es schnell. Einer der jungen Hühnervögel hat mit ein paar Schritten den unverhofften Ausgang erreicht. Heftige Flügelschläge – und weg ist er. Die anderen tun es ihm nach. Einzeln schreiten die Rebhühner in die Freiheit, starten sofort los, sobald die Sonne ihnen ungehindert zublinzelt.

Klaus Wolfrum schaut ihnen nach. „Sie sind fast ausgewachsen. Nur ein paar Gramm mehr müssen sie noch draufkriegen“, sagt er. Der Kreisvorsitzende des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) und seine Mitstreiter haben seit fünf Jahren ein Ziel: Das Rebhuhn soll im Landkreis Hof wieder heimisch werden. Nicht nur dort ist es in den vergangenen 25 Jahren rar geworden. In ganz Europa sind die Bestände gefährdet. Was noch in den 1960er Jahren niemand für möglich gehalten hätte: Der Feldbewohner steht heute in Deutschland auf der Roten Liste – „stark gefährdet“.

Schuld daran sind weder Jäger noch Gourmets. Es ist die Eintönigkeit der landwirtschaftlichen Flächen, die den Rebhühnern das Leben schwer macht.

„Kierreck“ – eines der 15 ausgesetzten Rebhühner lässt seinen Ruf ertönen. Ganz in der Nähe, etwa 100 Meter von Klaus Wolfrum entfernt. Auch die anderen sind nicht weit geflogen. „Rebhühner bewegen sich am liebsten am Boden“, erklärt Wolfrum. „Und suchen dort Deckung.“ Langsam läuft der 63-Jährige in die Richtung, aus der das „Kierreck“ kam. Nichts ist zu sehen. Die braun-grauen Feldvögel sind Meister im Verstecken. In ihrer neuen Umgebung gibt es einige Gelegenheiten dazu: Holundersträucher, alte Christbäume, hohes Gras, Brombeerhecken. In der Nähe der LBV-Ökostation in Helmbrechts, nahe einer wenig genutzten Bahnlinie, hat Wolfrum schon öfters Rebhühner ausgesetzt. Das erste Mal im Jahr 2007.

Seitdem läuft das Projekt „Landschaft nutzen – Rebhuhn schützen“, vom Freistaat Bayern gefördert, anfangs in drei ausgewählten Gebieten: den Landkreisen Straubing, Würzburg und Hof. Jetzt sind nur noch die Hofer aktiv. Ende 2009 erhielten sie eine Verlängerung um weitere drei Jahre.

Auch ein Verdienst von Klaus Wolfrum. Der LBV-Kreisvorsitzende und seine Projektmitarbeiter schafften es, wichtige Partner mit einzubeziehen: die Jäger, die Landwirte, den Landschaftspflegeverband Hof und die in ihm vertretenen Gemeinden. Dazu gibt es Geld auch von der Oberfrankenstiftung.

Warm scheint die Sonne an diesem Herbstnachmittag. Doch die 15 ausgewilderten Rebhühner, die sich irgendwo ganz in der Nähe aufhalten müssen, mucksen sich nicht mehr. Eine Stunde nach Sonnenaufgang und eine Stunde vor Sonnenuntergang seien die scheuen Tiere am aktivsten, berichtet Wolfrum. „Nachts legen sich die Hühner gerne in die freie Feldflur, wo sich der Fuchs nur schwer anschleichen kann“, erklärt der Helmbrechtser das Verhalten der Tiere. „Tagsüber suchen sie dagegen Deckung, hauptsächlich vor Greifvögeln.“


Wilde Hühner mögen Wildkräuter

Zehn Jahre lang saß Klaus Wolfrum für die SPD im Landtag. Inzwischen ist er weder Abgeordneter noch Arbeitnehmer. Im Ruhestand hat er viel Zeit, sich um die Ökostation in seinem Heimatort und vor allem die Rebhühner zu kümmern. Eines gegessen hat der erfahrene Jäger schon einmal, geschossen aber noch nie. Da sind sich Wolfrum und seine Jagdkollegen einig: Die wenigen Exemplare, die es noch gibt, müssen dringend verschont werden.

Stattdessen werden sie auf dem Areal der Ökostation in drei Volieren gezüchtet, um später ausgewildert zu werden. 325 solcher Rebhühner haben Klaus Wolfrum und die anderen Projektmitarbeiter schon in die Natur des Hofer Landkreises entlassen. Alle mit Fußringen ausgestattet und zum Teil sogar mit Sendern bestückt. Wie viele davon noch leben, ist ungewiss. Wolfrum schätzt den Bestand auf insgesamt höchstens 40 Brutpaare. „Wir hatten zuletzt zwei harte Winter.

Einige Sender fanden wir in Rohren von Feldgräben.“ Demnach dürfte der natürliche Hauptfeind viele der Rebhühner verspeist haben. Außer dem Fuchs haben es aber auch Marder und Habicht auf das Federvieh abgesehen.

Doch das Hauptproblem bleibt der Mensch. Hecken und Feldgehölze wurden großflächig gerodet. Feldraine und Gräben fehlen. Auch die Nahrung für die Feldtiere hat drastisch abgenommen. Intensive Landwirtschaft lässt keinen Platz für Wildkräuter, Altgras und Brachflächen. Sämereien, Insekten und Larven werden knapper. Ein weiteres Flurproblem ist zuletzt dazugekommen: „Grasflächen werden mehrmals gemäht – alles landet in der Biogasanlage“, sagt Wolfrum. Dabei wäre es gelegentlich sehr einfach, dem Rebhuhn eine Chance zu geben. „Es würde oft reichen, wenn der Landwirt einen Stoppelacker über längere Zeit stehen lassen würde.“ Auch Kartoffelfelder seien ein idealer Lebensraum für Rebhühner.

Nächstes Jahr läuft das verlängerte Rebhuhnprojekt in Hof aus. „Sinnvoll wären noch einmal drei bis vier Jahre“, meint Wolfrum. Darüber entscheiden muss das bayerische Landwirtschaftsministerium. Den größten Einfluss auf den Lebensraum der Rebhühner haben aber die Landwirte. Sie können dazu beitragen, dass sich das Rebhuhn nicht ganz aus den fränkischen Fluren verabschiedet. Gelingt dies, fühlen sich zugleich auch Hase, Lerche und Kiebitz wieder wohler.

Mehr zu Rebhühnern http://www.artenschutz-steigerwald.de/index.php?lang=de&p=70000&cid=&id=21768


Quellenangabe:
Fränkischer Tag / Hof / Autor / Fotos von Matthias Litzlfelder|  01.10.2011  | www.infranken.de        
   

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Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder.

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