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Unter den Wipfeln ist keine Ruh’
Unter den Wipfeln ist keine Ruh’

27.03.2012

Millionen sollen in den Baumwipfelpfad bei Ebrach fließen. Doch beim Schutz der dicken Buchen will der Freistaat kleckern statt klotzen. Gibt es in diesem Konflikt noch einen Kompromiss?

Ebrach -
Das Wort Nationalpark will Bambergs Landrat Günther Denzler nicht mehr in den Mund nehmen. Doch seine Ziele hat er nicht aufgegeben: Der Landkreischef will den Tourismus im oberen Steigerwald wachküssen. Ein Baumwipfelpfad in einem stark forstlich geprägten Wald genügt ihm dafür nicht. Er strebt zusammen mit der Gemeinde Ebrach auch beim Naturschutz einen Ausnahmestatus an.

Doch während die Finanzierung eines 45 Meter hohen Baumwipfelpfads auf dem Radstein hinter Ebrach als gesichert gelten kann, wird um die alten Buchen im Steigerwald noch gepokert. Schon in den nächsten Wochen geht es in Bayreuth wieder um das Thema: Wie viel ist uns der Naturschutz wert?

Neu beim Ringen der Waldschützer mit den Waldnutzern: Denzler will ein Reservat nun nicht mehr über eine Regierungsverordnung durchsetzen. Dies könnte gegen den Willen des Freistaats, der ja Eigentümer der Flächen ist, in einen langwierigen Streitfall münden. Stattdessen hofft das Landratsamt nun, die Staatsforsten einvernehmlich zum großzügigen Schutz der wertvollen Buchenbestände bewegen zu können. Konkret sollen die Ebracher Naturwaldreservate Waldhaus und Brunnstube mit 150 Hektar Fläche so ausgeweitet werden, dass am Ende ein zusammenhängendes Schutzgebiet von mindestens 1000 Hektar Fläche entsteht.

In Bayern wäre ein so großes Naturwaldreservat bislang einzigartig. Gemessen an der Mindestgröße des Schutzgebietes innerhalb eines Nationalparks von 5000 Hektar wäre es freilich klein.

Denzler glaubt, dass es für seinen Kompromissvorschlag gute Argumente gibt. „Wir sind nicht weit voneinander entfernt“, sagt er. Die Maxime der CSU-Regierung, Naturschutz nicht gegen die Bevölkerung zu realisieren, sei innerhalb der Grenzen des Landkreises Bamberg und des Regierungsbezirks Oberfranken erfüllt. Hier gibt es ein klares Votum der Gemeinde Ebrach und des Kreistag von Bamberg für das Vorhaben. Auch der Naturschutzbeirat der Regierung von Oberfranken   erteilte geschlossen sein Einverständnis. Ob das reicht, um die Gegner von Nutzungseinschränkungen zu überzeugen, allen voran Landwirtschaftminister Helmut Brunner? Bei den Bayerischen Staatsforsten hält man sich gegenüber Denzlers Kompromissvorschlag zugeknöpft. Vorstand Reinhardt Neft lässt ausrichten, dass die Regierung demnächst eine Stellungnahme zu den Naturschutzplänen erhalten werde.

Ein Netzwerk von Naturinseln

Ulrich Mergner, Chef des Ebracher Forstbetriebs, betont auf Nachfrage, dass die geschützten Flächen innerhalb seines Zuständigkeitsbereichs bereits heute knapp 1000 Hektar umfassen. Dazu zählen rund 450 Hektar in Naturwaldreservaten im ober- und unterfränkischen Teil des Forstbetriebs. 550 Hektar, und damit der größere Teil, gehen aufs Konto so genannter Trittsteine, kleiner Naturschutzinseln, die über die gesamte Fläche des Walds verteilt sind und nach Auffassung der Staatsforsten besser zur Artenvielfalt beitragen können als großflächiger Schutz, weil sie auf die häufig sehr unterschiedlichen vorhandenen Strukturen aufbauen. Die zugespitzte Frage, die sich Mergner stellt, lautet so: „Was hat man davon, einen Stangenwald unter Schutz zu stellen und sich 200 Jahre daneben zu setzen und zu warten, bis die Bäume alt werden?“
Der Vorteil kleiner naturnaher Flächen, wie ihn das Konzept des integrierten Naturschutzes der Staatsforsten beschreibt, ist freilich auch ihr Nachteil. Denn wenn sich das Schutzziel auf viele, nicht selten auch kleinste Einheiten im Wald beschränkt, sind Status und Wert der Trittsteine für Nichtfachleute kaum nachvollziehbar. Ob ein Baum altern darf oder nicht, bleibt in Zukunft dem Gutdünken der Forstleute überlassen, fürchten Naturschützer.

Schon heute wecken Experten Zweifel an der Behauptung der Staatsforsten, dass der Einschlag seit der Gründung des Forstbetriebs gesunken sei, im Falle Ebrachs auf 6,5 Festmeter pro Hektar, wie Mergner sagt.

Das Problem bei derlei Größenangaben: Die Zahlen, mit denen die Staatsforsten die Nachhaltigkeit ihrer Holznutzung belegen, haben sie selbst erhoben. Waldwissenschaftler und Steigerwaldkenner Georg Sperber spricht von einer überall sichtbaren deutlichen Ausweitung der Einschläge, bedingt durch die gestiegenen wirtschaftlichen Vorgaben. Selbst Methusalem-Bäume seien nicht davor gefeit, zu Geld gemacht zu werden.


Quellenangabe: Fränkischer Tag / Bamberg - Land / 27.03.2012 / Autor Michael Wehner


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken