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Ein ganzes Dorf auf Gift gebaut
Ein ganzes Dorf auf Gift gebaut

12.11.2011

Mit dem Abriss der ersten Gebäude hat die Sanierung der Grundstücke in Schonungen begonnen, unter denen die giftigen Hinterlassenschaften der Sattler-Farbenfabrik schlummern. Die Laster
mit dem kontaminierten Aushub rollen unweit von Buch über die B303.

Kreis Haßberge -
Die Bürger von Schonungen im Landkreis Schweinfurt müssen sich vorkommen, als würde ihr Ort als Kulisse für einen Katastrophenfilm genutzt: vermummte Gestalten in Schutzanzügen, abgeschirmte Grundstücke, Warnschilder: Das letzte Kapitel in einem Drama, das fast schon 200 Jahre dauert, hat begonnen.

Schonungen wurde nicht auf Sand gebaut, sondern auf Gift. Ein Großteil des Siedlungsgebietes am westlichen Ortsrand, das sich von den 50er bis in die 70er Jahre füllte, liegt da, wo bis 1930 die Farbenfabrik von Wilhelm Sattler stand.


Begehrter Farbstoff

Der Ehrenbürger der Stadt Schweinfurt, Landtagsabgeordnete und soziale Wohltäter wurde unter anderem mit der Herstellung des Schweinfurter Grün reich. Der begehrte Farbstoff fand wegen seiner Leuchtkraft weite Verbreitung und wurde auch von vielen Malern der Moderne geschätzt. Was anfangs niemand wusste: Lichtecht wurde die Farbe nicht zuletzt durch ihren hohen Gehalt an Arsen und Blei. Schon 1882 wurde die Verwendung von Schweinfurter Grün als Farbe in Deutschland verboten. Noch bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Farbstoff jedoch als Pflanzenschutzmittel unter anderem im Weinbau verwendet.

Die größte Altlast


Sattlers Erbe wird die Marktgemeinde Schonungen noch länger beschäftigen: zum einen weithin sichtbar in Gestalt des Schlosses Mainberg, wo Sattler eine Zeitlang wohnte; zum anderen unsichtbar im Untergrund, wo die Reste aus der Farbenproduktion schlummern.

„Es handelt sich um die größte bewohnte Altlast im Bundesgebiet“, beschreibt Torsten Wozniak, der Sprecher des Landratsamtes in Schweinfurt, die Dimension des Problems, mit dessen Beseitigung jetzt begonnen wurde – nach jahrelangen Untersuchungen, Rechtsstreitigkeiten und politischen Auseinandersetzungen.

Das Hauptproblem ist der lange Zeitraum, der zwischen der gigantischen Umweltverschmutzung und ihrer Beseitigung liegt. Damit ist der „Fall Sattler“ nicht nur strafrechtlich verjährt; der Verursacher ist überhaupt nicht mehr greifbar. Die Folge: Als „Zustandsstörer“ gelten die heutigen Grundbesitzer, zum größten Teil Privatpersonen auf den 50 betroffenen Grundstücken. Sie müssten im Extremfall den Abriss ihrer mühsam zusammengesparten Eigenheime zahlen, den Aushub und die Entsorgung des kontaminierten Bodens und den Bau eines neuen Hauses – das hätte Dutzende von Schonungern auf Lebenszeit ruiniert.


33 Millionen Euro

Die Belastung lindert die „Lex Sattler“, die die Gemeinde Schonungen mit dem Freistaat Bayern ausgehandelt hat: Maximal 13,33 Euro pro Quadratmeter müssen die Grundstückseigentümer zahlen, 13 300 Euro bei einem 1000-Quadratmeter-Grundstück. Den Löwenanteil der Sanierungskosten, 33 Millionen Euro, zahlt der Staat.
Fünf Häuser im Sanierungsgebiet müssen abgerissen werden, 55 000 Kubikmeter Boden ausgegraben und auf die Sondermülldeponie in Geldersheim bei Schweinfurt gebracht und dann 55 000 Kubikmeter sauberer Boden wieder aufgetragen werden. Bis 2015, so schätzen die vom Landratsamt Schweinfurt beauftragten Fachleute, wird das Sanierungsprojekt dauern. Dann sollen 90 Prozent der 209 Tonnen Arsen und gut die Hälfte der 150 Tonnen Blei, die Sattler hinterlassen hat, beseitigt sein.

Das letzte Problem ist der Weg der Altlasten aus Schonungen zur Deponie. Und der führt wegen der Enge der Schonunger Straßen nicht auf kürzestem Weg durch Schweinfurt nach Geldersheim, sondern über einen „Superkreisverkehr“ mit 29 Kilometern Länge über Marksteinach und Waldsachsen zur B303 und dann zur A70.

22 000 Laster werden durch Waldsachsen rollen, hart an der Landkreisgrenze nahe Bayerhof (Gädheim) und Buch (Theres). Die Vorstöße des Bürgermeisters Kilian Hartmann (CSU), eine provisorische „Truck-Road“ um Waldsachsen herum bauen zu lassen, sind gescheitert: unverhältnismäßig teuer für den Freistaat, unbezahlbar für Schonungen (1,5 Millionen Euro).

Quellenangabe: Fränkischer Tag / Hassberge / 12.11.2011 / Autor: Günter Flegel / www.infranken.de


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken