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Vom Wert der Winzlinge
Vom Wert der Winzlinge

16.11.2011

Wissenschaftler der TU München untersuchen das Leben in den Kronen europäischer Buchenwälder. Zu ihnen gehört auch ein Bestand auf dem Geisberg.

Was in den Wipfeln kreucht und fleucht, ist noch weitgehend unerforscht.

Melkendorf ( Lks. Bamberg ) Ofr. -
Die Herbstsonne scheint matt zwischen den kahlen Buchenstämmen hindurch, als die Wissenschaftler auf ihre beiden Messbäume am Plateau des Geisbergs zustapfen. Dort oben, etwa in 20 Metern Höhe, hängen merkwürdige Säcke in der Baumkrone, die entfernt an eine Fischerreuse erinnern. Ein kurzer Zug an der Seilkonstruktion – und schon sinkt der erste Sack zu Boden. Es handelt sich um eine so genannte Kreuzfensterfalle. Insekten und Käfer sterben hier den Tod für die Wissenschaft.
Was sich in den Plastikbehältern befindet, die unten an den Fallen hängen, ist die Beute eines Monats und sieht nicht gerade einladend aus: Die braune Suppe ist übersät mit toten Fliegen, eine Buchecker liegt dazwischen, hier und da ein Käfer und viele braune Blätter.

„Für die meisten Menschen sind das nur unwichtige kleine Mücken. Doch jede von ihnen hat eine Bedeutung für das Ökosystem“, sagt Axel Gruppe vom Lehrstuhl für Tierökologie an der TU München. Aus seiner Sicht sind diese Winzlinge nicht weniger wichtig als bedrohte und bekannte Arten wie jene des Orang Utan oder Eisbären. Gemeinsam bilden sie das Netz des Lebens.

Gruppe und sein Kollege Tobias Zehetmair arbeiten an einem europaweiten Forschungsprojekt, das mehr über jene Tiere herausfinden soll, die die Baumkronen bevölkern. Ein letzter weißer Fleck auf der Landkarte der Welt: Obwohl die Wipfelregionen unserer Wälder zu den artenreichsten Biotopen gehören, wissen wir wenig bis nichts darüber, was genau da kreucht und fleucht.

Welche Arten leben hier? Welchen Einfluss hat die Struktur im Wald auf die Lebensgemeinschaft? Wie können wir Lebensgemeinschaften schützen, in dem wir den Wald verändern oder die Bewirtschaftung?

Um diese Fragen beantworten zu können, ist Fleiß erforderlich: Der Inhalt der Fallen, die am Dienstag auf dem Geisberg geleert wurden, muss in den nächsten Tagen von studentische Hilfskräften sortiert werden. Erst danach beginnt die Sichtung und Zählung der Arten. Es sind, so viel lässt sich schon sagen, Hunderte, und jede von ihnen stellt bestimmte Ansprüche an ihren Lebensraum.

Mit Spannung erwartet man die Ergebnisse vom Geisberg auch bei den Bayerischen Staatsforsten. Dem Betrieb gehört der Großteil der übewiegend mit Buchen bestandenen Albtraufwälder zwischen Dörnwasserlos bei Scheßlitz bis Zeegendorf. Ein stattlicher Besitz, aber auch eine gesellschaftliche Verpflichtung: 3051 Hektar gehören zum europäischen Naturschutzprogramm Natura 2000 und unterliegen als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet erhöhten Naturschutz-anforderungen. Deshalb soll auch auf dem Geisberg künftig der Totholzanteil auf 15 bis 20 Festmeter pro Hektar im Schnitt wachsen, verspricht Stephan Keilholz vom Forstbetrieb Forchheim. Außerdem sollen mehr alte Bäume vor der Säge bewahrt werden.

Dazu muss man wissen: Von einem wirklich vielfältigen Wald ist der Buchenbestand auf dem Geisberg rund um die Messfläche noch weit enfernt. Die ältesten Bäume sind gerade einmal 80 Jahre alt, es handelt sich um einen gleichförmigen Forst fast ohne Totholz. Eine Urwaldart wie den Hirschkäfer würde man hier vergeblich suchen.

Doch das kann sich ändern. Schon wenige Jahre reichen, um das Waldbild zu ändern. Das zeigen die überall in den Wäldern der Region aufkommenden jungen Buchen. Das könnte auch die wissenschaftliche Arbeit auf dem Geisberg belegen. Sie wird, so hoffen die Forscher, auch in den nächsten Jahren weitergehen. Um mehr über das Netz des Lebens zu erfahren, braucht es mehr Grundlagenforschung, meinen die Experten. Auch in den oberen Etagen der Wälder.


Quellenangabe: Fränkischer Tag / Bamberg Land |  16.11.2011 - Autor: Michael Wehner


Für die gelisteten Darstellungen trägt der Autor die redaktionelle Verantwortung.

Die Informationen geben ausnahmslos die Meinung des Verfassers, nicht eine Stellungnahme unserer Organisation wieder. - Artenschutz im Steigerwald / Artenschutz in Franken